Eine neue Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zeigt: Obwohl für den breiten Einsatz von Quantencomputing noch weitere Fortschritte bei der Hardware notwendig sind, können sich Unternehmen schon jetzt eigene Anwendungsfälle erschließen und sich mit der Entwicklung spezifischer Quantencomputing-Software Marktvorteile sichern.
Quantencomputer nutzen quantenphysikalische Eigenschaften von beispielsweise Molekülen oder Atomen für komplexe Berechnungen. Das ermöglicht die Entwicklung von Algorithmen, die für bestimmte Probleme wesentlich leistungsfähiger sind als auf klassischen Rechnern. Das betrifft komplexe Optimierungsprobleme, chemische Simulationen und bestimmte KI-Verfahren. Probleme in diesen Bereichen, an denen heute Hochleistungsrechner aufgrund zu langer Laufzeiten noch scheitern, sollen sich zukünftig mithilfe von Quantencomputing effizient lösen lassen. Die bislang entwickelten Hardwaresysteme für Quantencomputing verfügen aktuell jedoch noch nicht über die notwendige Rechenleistung und sind noch zu stör- und fehleranfällig. Derzeit kann zwar noch nicht prognostiziert werden, wann das so weit ist, jedoch lassen sich Quantenalgorithmen bereits auf heute verfügbarer Hardware implementieren. Cloud-Services bieten Interessierten zudem bereits Zugang zu Rechenkapazitäten auf Quantencomputern. Die Identifikation von möglichen Anwendungsfällen und erste Entwicklung von Quantencomputing-Software können daher schon mit den heute − auch für mittelständische Unternehmen − zur Verfügung stehenden Möglichkeiten beginnen.
Bereits im Jahr 2030 wird das weltweite Umsatzpotenzial mit Quantensoftware als doppelt so hoch progonostiziert wie das mit Quantencomputing-Hardware, so ein Ergebnis der Studie „Quantencomputing − Software für innovative und zukunftsfähige Anwendungen“ der Begleitforschung zum Technologieprogramm KI-Innovationswettbewerb, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) entstanden ist. Die Nachfrage wird sich dabei größtenteils auf anwendungsspezifische Quantencomputing-Software für Endanwendungen in Unternehmen konzentrieren.
Anwendungsspezifische Quantencomputing-Software wird bereits entwickelt
Für Deutschland wird ab 2050 eine jährliche Wertschöpfung von bis zu 53,1 Mrd. Euro durch Quantencomputing-Endanwendungen erwartet. Es lohnt sich daher für Unternehmen, sich bereits heute mit Quantencomputing auseinanderzusetzen und die damit verbundenen Markt- und Anwendungspotenziale frühzeitig zu evaluieren. Die Studie vermittelt dafür Orientierung zur Technologie Quantencomputing und stellt aktuelle Anwendungsszenarien und -fälle für Quantencomputing vor. Grundlage dafür sind Anwendungsfälle des vom BMWK geförderten Projekts PlanQK, das eine Plattform und ein Ökosystem für quantenunterstützte Künstliche Intelligenz aufbaut. Neben einer effizienten Wissensvermittlung soll die Plattform auch einen App-Store enthalten, über den künftig anwendungsspezifische Quantencomputing-Software angeboten werden soll. Eine erste Beta-Version der Plattform ist bereits online.
Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass Quantencomputer kein vollständiger Ersatz von sondern wahrscheinlich immer eine Ergänzung zu klassischem Computing sein wird. Es werden nur die Teile von Algorithmen auf Quantencomputern ausgeführt werden, welche sich dazu besonders eignenen.
Orientierung für die Entwicklung eigener Quantencomputing-Software
Ein wichtiges Ziel der Studie ist, Unternehmen dazu anzuregen, Problemstellungen im eigenen Tätigkeits(um)feld zu identifizieren, für das das Potenzial von Quantencomputing am größten ist und erste Schritte in die Entwicklung von entsprechenden Softwareanwendungen zu gehen. Die Studie hat dafür die Anwendungsfälle von PlanQK kategorisiert. Diese wurden nach Anwendungsdomäne, Problemkategorie und Problemklasse strukturiert. Auf diese Weise lassen sich ähnlich gelagerte Anwendungsfälle identifizieren und hilfreiche Informationen für eigene Entwicklungen ableiten.
Quantencomputing-Software wird demnach bereits in den Bereichen Energiewirtschaft, Finanzwesen, Gesundheitswesen, IT-Sicherheit, Produktion und Logistik sowie Transport- und Verkehrswesen entwickelt. Im Fokus der Anwendungen stehen Optimierungsverfahren, chemische Simulationen sowie Maschinelles Lernen. Diese drei übergeordneten Problemkategorien werden in der Studie durch tiefergehende Problemklassen verfeinert. So handelt es sich beispielsweise bei der Optimierung der Belegungsplanung von Maschinen in der Fertigung um ein sogenanntes „Shop Scheduling Problem“, das andere Lösungswege erfordert als etwa ein Planungsprozess zur optimalen Platzierung dezentraler Energiespeicher, das der Problemklasse „Rucksackproblem“ (eng. knapsack problem) zuzuordnen ist.
Video vom Live-Streaming zur Vorstellung der Studie
(Quelle: KI-Innovationswettbewerb)
Mithilfe dieser Kategorisierung und Strukturierung stellt die Studie neun exemplarische Anwendungsfälle aus dem Projekt PlanQK für Quantencomputing-Software vor, an denen sich künftige Entwicklungen orientieren können. Die dargestellten Anwendungsfälle spiegeln so auch das breite Feld für neue quantencomputingbasierte Anwendungen und Geschäftsmodelle in wichtigen Branchen wider. Um den Einstieg in das anwendungsorientierte Quantencomputing zu erleichtern, bietet die Studie zudem weitere Orientierungshilfen wie etwa einen Überblick über Zugänge zu Quantencomputer-Hardware und deren Anbietern sowie Werkzeuge für Unternehmen zur Einordnung und Weiterentwicklung der eigenen Quantencomputing-Bereitschaft und der Identifizierung eigener Anwendungsfälle.
Die Studie sollte hier zum Download verfügbar sein.