Mit dem ShapeIT-Ansatz die Evolution der Informationstechnologie gestalten

Die Informationstechnologie ist immer stärker als wertorientierter Gestaltungspartner für strategische Evolutionen gefordert. Gleichzeitig muss sie Effizienzanforderungen genügen. Das Vorgehensmodell „ShapeIT“ ermöglicht die Skizzierung eines ebenso effektiven wie zukunftsgerichteten IT-Fähigkeiten-Portfolios, das auf Business- und Technologie-Trends basiert.
 
Hoher Wettbewerbsdruck und verkürzte Produktzyklen fordern von Unternehmen eine schnelle Reaktionsfähigkeit auf sich verändernde Geschäftsanforderungen. Da die IT heute einen wesentlichen Teil der Wertschöpfungskette abbildet, ist ihre zielgerichtete Ausgestaltung ein ausschlaggebender Erfolgsfaktor für lokal wie global agierende Unternehmen geworden.
 
Durch die geschickte Nutzung und Koppelung von Technologie-Trends erreichen Unternehmen eine gezielte Differenzierung von ihren Wettbewerbern. So lassen sich beispielsweise durch den Einsatz von Cloud Computing und Consumerization branchenunabhängig sowohl im Frontend (Nutzung mobiler Endgeräte) als auch imBackend (Unterstützung durch virtualisierte Services) signifikante und nachhaltige Prozessverbesserungen erzielen.
 

Das LeanIT Paradigma
 
Allerdings gilt es dabei, zusätzliche IT-bedingte Prozesskomplexität zu begrenzen. Einen Erfolg versprechenden Ansatz stellt das LEAN Paradigma aus Management und Produktionsumfeld dar. Seine Zielsetzung ist es, alle wertschöpfungsrelevanten Aktivitäten optimal miteinander zu synchronisieren und Redundanzen zu vermeiden. Ein typisches Fallbeispiel gibt die Standardisierung des Demand-Managements. Sie verhindert, dass von verschiedenen Fachabteilungen dieselben Anforderungen gestellt werden. Für die Ausgestaltung eines entsprechenden IT-Fähigkeiten-Portfolios stellt ShapeIT eine Lösungsstruktur zur Verfügung. Grundlage für die Planung sind identifizierte Technologie- und Business-Trends, Branchen-Treiber und die Zielsetzungen der Geschäftsstrategie, deren Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit bewertet werden muss. Die Ergebnisse des LeanIT-Ansatzes zeigen sich in der detaillierten Beschreibung der einzelnen IT-Fähigkeiten, dem ShapeIT-Zielbild. Es zeigt auf, wie etwa der Trend Cloud Computing optimal in IT-Fähigkeiten (Capabilities) modelliert werden kann und welche prozessualen Veränderungen dafür nötig werden.
 
Der modulare Ansatz von ShapeIT ist sowohl für einzelne Branchen als auch für Unternehmen spezifisch nutzbar und unterstützt zwei generelle Zielsetzungen: Zum einen dient ShapeIT als strategisches Modellierungsinstrument für die künftige IT-Ausgestaltung, zum anderen als Analyseverfahren zur Ermittlung des aktuellen Reifegrads bestehender IT-Strukturen.
 
Gestaltungsprinzipien und Vorgehensweise von ShapeIT
 
Um das IT-Fähigkeiten-Portfolio auf prozessualer Ebene ausprägen zu können, stellt ShapeIT deterministische Gestaltungsprinzipien zur Verfügung. Die folgenden acht repräsentieren die wesentlichen Charakteristika des LeanIT Paradigma und werden jeweils mit einem Anwendungsbeispiel vorgestellt:
  • Fokussierung aller Aktivitäten auf die Kundenbedürfnisse: Einführung beziehungsweise Konzentration des IT-Demand-Managements
  • Konzentration auf die eigenen Stärken: über Ecosystem IT-Sourcing-Modelle und IT-Skill-Management 
  • Optimierung von Geschäftsprozessen: Erhöhung des Automatisierungsgrades von Geschäftsprozessen durch konsistente IT-Services
  • StändigeVerbesserung der Leistungsqualität: Einführung eines IT-Qualitätsmanagements
  • Interne Kundenorientierung als Unternehmensleitbild: Verbesserung der Kundenbeziehungen durch dezidierte IT-Rollenprofile
  • Eigenverantwortung, Empowerment und Teamarbeit: Einführung eines IT-Karrieremodells
  • Dezentrale, kundenorientierte Strukturen: Aufbau einer entsprechenden Business-IT-Governance
  • Offene Informations- und Feedback-Prozesse: Nutzung von fortgeschrittenen Collaboration-Tools
Das Vorgehen nach dem ShapeIT-Modell lässt sich in mehrere Phasen gliedern. Seine Anwendung erfordert nur minimale Voraussetzungen und beansprucht nicht mehr als einen halben Tag.
 
Bild 1: Vorgehensweise nach ShapeIT. 
 
Verknüpfung von Trends und Unternehmenszielen
 
Unter Business-Trends sind imKontext von ShapeIT die wesentlichen Treiber einer bestimmten Branche zu verstehen, die über bestimmenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens verfügen (wie Globalisierung oder Konsolidierung). Durch Einbeziehung der unternehmerischen Zielsetzungen (wie Kostensenkung) wird eine inhaltliche Verknüpfung mit der strategischen Positionierung – beziehungsweise der gewünschten Weiterentwicklung – des Unternehmens hergestellt.
 
Ein Beispiel veranschaulicht die Arbeit mit dem Modell: Ein Automobilhersteller verfolgt die Unternehmensziele „Innovative Produkte“ und „Effizienzsteigerung“. Die branchenbezogenen Business-Trends lassen einen steigenden Preisdruck sowie eine weitere Marktkonzentration erkennen. Basierend auf diesen Informationen werden für die Unternehmens-IT beispielsweise „EmbeddedIT“, „M2M Communication“, „Cloud Services“ und „Collaboration Services“ als relevante Technologie-Trends erkannt.
 
Mithilfe einer Business-Technology-Matrix lassen sich nun alle Technologie-Trends identifizieren, die für die unternehmensspezifischen Geschäftsziele wirksam sind. Beispielsweise können „EmbeddedIT“ oder „M2MCommunication“ dazu beitragen, neue Dienste im Fahrzeug anzubieten, während der Technologie-Trend „Cloud Computing“ das Unternehmensziel „Effizienzsteigerung“ unterstützt.
 
Die Technology-Enabling Matrix hingegen identifiziert die Wirkung der einzelnen Technologie-Trends auf die IT-Bausteine des Unternehmens. Zu ihnen zählen Client, Anwendungen, Storage, Server, Daten, Konnektivität, Schnittstellen, Drucken, Sicherheit und Systems & Service Management. Die Matrix gibt Auskunft darüber, an welcher Stelle beziehungsweise bei welchem IT-Baustein die Technologie-Trends ihreWirkung entfalten.
 
Daraus lassen sich Aussagen über ihre Bedeutung für die zukünftige Ausprägung der IT-Funktion ableiten. Mit anderenWorten: Als Ergebnis der Technology-Enabling-Matrix wird herausgearbeitet, welche IT-Bausteine für die Ausgestaltung des ShapeIT-Zielbildes notwendig sind. So führen „Cloud Services“ zu einer Effizienzsteigerung innerhalb der IT, die beispielsweise Auswirkungen auf die IT-Bausteine Netzwerk, Schnittstellen, Storage und Sicherheit hat.
 

„Snapshot“ IT-Capabilities
 
Den Modellierungsaspekt des Vorgehensmodells repräsentiert das IT-Fähigkeiten-Portfolio. Auf seiner Grundlage lässt sich ein Überblick darüber gewinnen, welche Veränderungsanforderungen bei einer trendbasierenden Evolution der Informationstechnologie durch das Unternehmen adressiert werden müssen.
 
In einemweiteren Schritt können die ShapeIT-Gestaltungsprinzipien bei der Ausgestaltung von Aufbau- und Ablauforganisation der IT zum Einsatz kommen. So lässt sich das erarbeitete IT-Fähigkeiten-Portfolio auf Prozessebene weiter konkretisieren. Um das gewählte Beispiel fortzuführen: Für die Umsetzung von Cloud Services sind beispielsweise Anpassungen bei den IT-Capabilities Security Management, Storage Management und Production Management notwendig.
 
Bild 2: Business- und Technologie-Trends sowie Unternehmensziele. 
 
Im Ergebnis zeigen sich unterschiedliche Auswirkungen auf einzelne Fähigkeiten der IT, die im Folgenden exemplarisch – und ohne Anspruch auf Vollständigkeit – betrachtet werden:
 
Application Management
  • Reduktion von Komplexität und Redundanz im Anwendungsportfolio
  • Fokussierung auf „Just-in-time“-Bereitstellung von nutzerspezifischen Informationen und fortgeschrittene Auswertungslogiken
Security Management
  • Beachtung von Ende-zu-Ende-Sicherheitsbedürfnissen 
  • Untersuchung der Sicherheitsanforderungen durch M2M-Kommunikationsbeziehungen und das IPv6-Protokoll
Sourcing Management
  • Outsourcing von IT-Fähigkeiten, die nicht (mehr) zur Kernwertschöpfung der Informationstechnologie beitragen
Governance Management
  • Schaffung einer umfassenden IT-Governance-Systematik mit vollständiger Integration der Geschäftsseite
Infrastruktur Management
  • Einflüsse von Infrastrukturvirtualisierung mit Server und Client Fokus
  • Optionen durch „XaaS“-Services innerhalb von Cloudstrukturen
  • Machbarkeit von „Consumerization“-Anforderungen und „One Device“-Ansätzen
Architektur Management
  • Schaffung von Agilität zur Abbildung von ad-hoc Anforderungen
  • Ableitung notwendiger IT-Fähigkeiten zur Unterstützung der Unternehmensstrategie

Fazit
 
Das hier in Kürze vorgestellte Framework kann für ganze Branchen (wie etwa den Automobil-Sektor) oder einzelne Unternehmen angewandt werden. Mithilfe des ShapeIT-Ansatzes gelangen Unternehmen zu einer qualifizierten Einschätzung der Wirkung von Technologie-Optionen für ihre speziellen Unternehmensziele. ShapeIT ermöglicht somit die Skizzierung einer zukunftsgerichteten Struktur des IT-Fähigkeiten-Portfolios.
 
Der ShapeIT Ansatz stellt für Technologie-Entscheider eine Hilfestellung in Form eines Modellierungs- und Diagnoseinstruments dar, um die Einflüsse von Business- und Technologie-Trends auf die Wertschöpfungskette des Unternehmens besser einschätzen sowie die darauf basierende Ausgestaltung des zukünftigen IT-Fähigkeiten-Portfolios skizzieren zu können. Der dazu notwendige Aufwand beschränkt sich auf rund einen halben Tag und besteht aus einem strukturierten Workshop mit den entsprechenden Mandatsträgern des Unternehmens.
 
Marc Laszlo, www.detecon.com
 
Diesen Artikel lesen Sie auch in der it management , Ausgabe 10-2011. 

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