Kommentar

Microsoft-Lizenzkosten des Bundes explodieren

Microsoft
Bildquelle: WD Stock Photos/Shutterstock.com

Die Lizenzkosten des Bundes für Microsoft-Produkte haben ein neues Rekordhoch erreicht. Laut Berichten von Heise belaufen sich die Ausgaben auf bisher nie dagewesene Summen.

Diese Entwicklung wirft ernste Fragen nach der Nachhaltigkeit der IT-Strategie des Bundes auf, insbesondere in Hinblick auf die zunehmende Abhängigkeit von Microsoft 365 (M365) und anderen Cloud-Diensten. Kritiker befürchten, dass diese Strategie langfristig nicht nur finanziell belastend, sondern unausweichlich auch ein Risiko für die digitale Souveränität Deutschlands darstellt. Übertroffen wird das Ganze nur noch von den aktuellen Plänen.

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M365: Kostenfalle und Abhängigkeit von Cloud-Diensten

Die Entscheidung des Bundes, sich zunehmend auf Cloud-Dienste wie M365 zu stützen, führt zu einer kontinuierlichen Kostensteigerung. M365 basiert auf einem Abonnementmodell, was bedeutet, dass der Bund jährlich erhebliche Summen aufwenden muss, um den Zugang zu den Microsoft-Diensten aufrechtzuerhalten. Zu den finanziellen Belastungen kommen regelmäßige Preisanpassungen. So hat Microsoft zum Beispiel die Preise für Cloud-Dienste 2023 um 11 Prozent erhöht.
Diese Preissteigerungen sind für den öffentlichen Sektor schwer zu kontrollieren und führen zu einer starken Abhängigkeit vom Anbieter.

Neben den finanziellen Aspekten wirft die Cloud-Nutzung auch Fragen zum Datenschutz und zur Kontrolle über kritische Daten auf. M365 und andere Cloud-Produkte von Microsoft unterliegen den US-amerikanischen Gesetzen – insbesondere dem Cloud Act, der US-Behörden Zugang zu in der Cloud gespeicherten Daten ermöglicht. Dieser Umstand kollidiert mit den strengen europäischen Datenschutzvorgaben wie der DSGVO und könnte potenziell sensible Daten des Bundes gefährden.

Digitale Souveränität durch On-Premises-Software bewahren

Ein zentraler Punkt in der Debatte um die IT-Strategie des Bundes ist die digitale Souveränität. Digitale Souveränität bedeutet, dass der Staat die volle Kontrolle über seine IT-Infrastrukturen und Daten behält, ohne auf ausländische Anbieter angewiesen zu sein. Durch die umfassende Nutzung von Cloud-Diensten wird diese Souveränität eingeschränkt. Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass viele dieser Dienste von US-Unternehmen wie Microsoft bereitgestellt werden, die den europäischen Datenschutzanforderungen oft nicht vollständig entsprechen.

Eine noch zu wenig beachtete, aber wirtschaftlich und strategisch interessante Alternative ist die Nutzung von On-Premises-Software. Microsoft bietet mit Office LTSC 2024 eine hochaktuelle Version seiner Office-Software an, die vollständig ohne Cloud-Anbindung auskommt und dennoch die wesentlichen Funktionen moderner Office-Anwendungen bereitstellt. Oftmals dürften in Behörden sogar vorherige Versionen den Anforderungen genügen.

Diese lokalen Versionen könnten es dem Bund ermöglichen, die Kontrolle über seine Daten zu behalten und die Abhängigkeit von Cloud-Diensten zu reduzieren. In Kombination mit gebrauchten Softwarelizenzen – die kostengünstig und rechtlich abgesichert sind – könnte der Bund signifikante Einsparungen erzielen und gleichzeitig die digitale Souveränität bewahren.

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Die Rolle von SAP in der Cloud-Strategie: Ein tragischer Kostenfaktor

Neben den hohen Ausgaben für Microsoft hat der Bund weitere erhebliche Summen in SAP-Cloud-Dienste investiert. Berichten zufolge wurden Verträge im Wert von bis zu 700 Millionen Euro abgeschlossen. Diese Investitionen sind teilweise auf die Notwendigkeit zurückzuführen, Datenschutz- und Compliance-Probleme von Microsoft auszugleichen, da M365 und andere Microsoft-Dienste nicht immer die europäischen Datenschutzanforderungen vollständig erfüllen. SAP wird somit als zusätzliche Lösung eingebunden, um den Anforderungen der DSGVO gerecht zu werden.

Andreas E. Thyen, Verwaltungsratspräsident der LizenzDirekt AG, kommentiert: „Das grenzt an Verzweiflung und Selbstaufgabe des Staates. Die rechtlichen Defizite werden noch mit zusätzlichen Steuergeldern kompensiert, nur um unbedingt die eigene Abhängigkeit von Microsoft noch zu erhöhen.“

Zudem bleibt auch hier fraglich, ob der finanzielle Aufwand gerechtfertigt ist, zumal viele Mitarbeiter in der Verwaltung nur einen Bruchteil der angebotenen Funktionen nutzen.

Die parallele Nutzung von Microsoft und SAP führt zu einer doppelten Belastung der öffentlichen Kassen. Anstatt gezielt kostengünstigere Alternativen oder Hybridlösungen in Betracht zu ziehen, wird in teure Cloud-Verträge investiert, die oft weit über das hinausgehen, was tatsächlich benötigt wird. Diese Verschwendung öffentlicher Mittel verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, die IT-Strategie des Bundes zu überdenken.

Die Notwendigkeit hybrider IT-Strategien

Angesichts der steigenden Lizenzkosten und der wachsenden Abhängigkeit von Cloud-Diensten sollte der Bund Hybridlösungen in Betracht ziehen. Eine hybride IT-Strategie, die sowohl Cloud-Dienste als auch lokale On-Premises-Software integriert, bietet eine nachhaltigere und wirtschaftlich sinnvollere Alternative. Mit der Nutzung von Office LTSC 2024 und gebrauchten Softwarelizenzen könnte der Bund nicht nur erhebliche Kosten einsparen, sondern auch seine digitale Souveränität bewahren.

Fazit: Ein kritischer Wendepunkt für die IT-Strategie des Bundes

Die steigenden Kosten für Microsoft- und SAP-Dienste sowie die damit verbundene Abhängigkeit von ausländischen Cloud-Anbietern stellen die IT-Strategie des Bundes infrage. Gerade das aktuelle Verfahren der EU gegen Microsoft wegen der Produktbündelung mit Teams sollte einen gegenläufigen Trend erzeugen. Es ist an der Zeit, kosteneffizientere und sicherheitsorientierte Alternativen zu prüfen. Die Nutzung von Office LTSC 2024 und gebrauchten Softwarelizenzen bietet eine vielversprechende Möglichkeit, die Kontrolle über die IT-Infrastruktur zurückzugewinnen und gleichzeitig die finanzielle Belastung zu verringern.

Die IT-Strategie des Bundes sollte nicht nur auf kurzfristige Bequemlichkeit setzen, sondern langfristig die digitale Unabhängigkeit und Sicherheit des Landes sichern. Hybridlösungen bieten hier den nötigen Spielraum, um flexibel auf zukünftige Herausforderungen reagieren zu können, ohne in Abhängigkeit von teuren Cloud-Diensten zu gerate.

Entsprechend resümiert Thyen: „Die aktuelle Entwicklung ist an Kurzsichtigkeit und Verschwendung kaum zu überbieten. Dass der Rechtsstaat viel Geld ausgibt, um der eigenen Rechtsgrundlage zu entsprechen und damit aber gleichzeitig seine immense Abhängigkeit noch weiter erhöht, ist der bisherige strategische Tiefpunkt – und zeigt, dass der Staat gegenüber Akteuren wie Microsoft seine Durchsetzungskraft verloren hat.“

Andreas

E. Thyen

Präsident des Verwaltungsrats

LizenzDirekt AG

Andreas E. Thyen ist Präsident des Verwaltungsrats der LizenzDirekt AG und bereits seit über 20 Jahren in führenden Positionen auf dem Gebrauchtsoftware-Markt tätig. Schwerpunkt seiner Tätigkeit war insbesondere die Klärung rechtlicher Fragestellungen. Er ist zudem ausgewiesener Experte für den Einsatz von gebrauchten Software-Lizenzen im Behördenmarkt. (Bildquelle: Lizenzdirekt)
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