Microsoft erhöht die Preise für seine Produkte um 11 Prozent

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Bildquelle: The Art of Pics / Shutterstock.com

Microsoft hat angekündigt, seine Preise mit Hinweis auf die Wechselkursentwicklung gegenüber dem Dollar für alle Cloud-Produkte und Verträge vom  1. April 2022 an in der Eurozone um elf Prozent zu erhöhen.

Für Großbritannien beträgt die Preiserhöhung neun Prozent, für Schweden sogar 15 Prozent. Zudem will das Unternehmen in Zukunft zweimal jährlich Preisanpassungen abhängig von der Entwicklung des Dollar-Kurses vornehmen. Der Konzern stellt damit seine Kunden global auf kontinuierlich höhere Preise ein.

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Auf welchen Berechnungen die Preiserhöhung fußen, darüber lässt der US-Techkonzern seine Kunden im Unklaren. Allein am Wechselkurs kann es nicht liegen. Zwar schwankt der Wechselkurs des Dollar zum Euro erheblich, doch verglichen mit dem Vorjahreskurs hat der Dollar lediglich um knapp vier Prozent aufgewertet. Zwar hatte der Dollar zwischenzeitlich an Stärke gewonnen, diese jedoch im Jahresverlauf auch wieder eingebüßt.

Der Konzern nennt auch weitere Argumente für seine Preiserhöhung, etwa Inflation, Arbeitskosten und Lieferengpässe. Deshalb ist nicht damit zu rechnen, dass Microsoft bei einer Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar die Preiserhöhung wieder zurücknimmt. Insofern scheinen die Wechselkursentwicklung genauso wie die anderen Parameter nur vorgeschoben, um in Zukunft die Preise nach Belieben zu erhöhen. Der Konzern nutzt die allgemein höhere Inflation, um mit höheren Preisen davon zu partizipieren. Schon im März des vergangenen Jahres hatte Microsoft die Preise für seine Produkte Microsoft 365 und Office 365 je nach Konfiguration zwischen 8,6 und 25 Prozent erhöht.

Der Hintergrund: Aktuelle Wachstums- und Gewinnschwäche von Microsoft

Der Grund für die aktuelle Preiserhöhung dürfte eher darin zu suchen sein, dass es Microsoft im vergangenen Jahr nicht gelungen ist, Umsatz und Gewinn mit den hohen Raten der Vergangenheit zu steigern. Nachdem Microsoft seinen Jahresumsatz von 96,6 Milliarden Dollar in 2017 auf 198,3 Milliarden Dollar 2022 mehr als verdoppeln konnte, hatte der Software-Gigant im vergangenen Jahr ein Wachstumsproblem. In den am 24. Januar vorgelegten Zahlen für das vergangenen Quartal kam Microsoft lediglich auf einen Umsatz von 52,7 Milliarden Dollar – gegenüber dem Vorjahr nur ein magerer Zuwachs von zwei Prozent, der geringste Zuwachs seit 2016. Der Nettogewinn war mit 16,4 Milliarden Dollar zwar immer noch gewaltig, jedoch 12 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Damit war Microsoft erheblich hinter den Erwartungen der Analysten zurückgeblieben.

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Wie Monopolist Microsoft seine Preissetzungsmacht gegenüber den Kunden durchsetzt

Für den High-Tech-Riesen sind Preiserhöhungen nun das probate Mittel, um den Umsatz schnell zu steigern. Als Quasimonopolist verfügt Microsoft über eine äußerst starke Preissetzungsmacht. Diese zeigt Microsoft im Vorgehen gegenüber seinen Kunden:

  1. Zu Microsoft-Produkten gibt es kaum Alternativen, die Unternehmen werden zunehmend abhängig von MS 365 als ganzheitlicher Software-Plattform. Zudem ist die Preisstruktur für die Microsoft-Lizenzen bewusst hochkomplex gestaltet und für die Kunden kaum zu durchschauen. Auf seiner Preisliste führt Microsoft 534 Cloudprodukte (ohne Azure) und 1866 OnPremise-Produkte. Dazu kamen allein im vergangenen Jahr mehr als 100 Lizenzänderungen in den Nutzungsbedingungen. Dabei sind die Kosten beachtlich, die den Unternehmen entstehen, da fast jeder Mitarbeiter, abgesehen von denen in der Produktion, mit Microsoft-Produkten arbeitet und deshalb eine eigene Lizenz benötigt. Für einen größeren Mittelständler mit beispielsweise 3200 PC-Nutzern mit M365 E3 im Einsatz kostete das im Januar 2022 pro Monat je PC 28,91 Euro, stieg im März 2022 auf 31,94 und jetzt im April 2023 auf 35,45 – insgesamt eine Preiserhöhung von 23 Prozent. Die jährlichen Kosten stiegen von 1,11 Millionen auf 1,36 Millionen Euro. Bei einem Dienstleistungsunternehmen mit 15.000 Mitarbeitern, das NAG beraten hat, summieren sich die Ausgaben für Microsoft-Produkte auf 25 Millionen Euro jährlich. Kein Wunder, dass Microsoft auf eine Umsatzrendite von ca. 40 Prozent kommt.
  1. Mit kleinen und mittleren Unternehmen verhandelt Microsoft nicht direkt, sondern über sogenannte Licensing Solution Partner (LSP) und Enterprise Software Advisor (ESA). Dazu zählen in Deutschland 14 Unternehmen, beispielsweise Bechtle, Cancom oder die Deutsche Telekom. Der gewollte Eindruck von Microsoft ist, dass diese Partnerunternehmen scheinbar unabhängig die Kunden beraten. Doch in Wirklichkeit stehen die Unternehmen in den Diensten von Microsoft, die Anreizeffekte sind im Interesse von Microsoft konstruiert. Die LSP bzw. ESA erhalten von Microsoft eine Commission Fee von bis zu fünf Prozent, für manche Produkte sogar bis zu zehn Prozent des erzielten Umsatzes. Mit der jüngsten Preiserhöhung hat Microsoft die Fees für seine Partnerunternehmen so umstrukturiert, dass nur noch der Verkauf von Premiumprodukten sowie die Azure-Consumption belohnt werden. D.h. die Erlössituation der Microsoft-Partner verbessert sich in dem Ausmaß, in dem sie den Kunden hochpreisige Produkte verkaufen. Mit einer Kunden- bzw. Kostenorientierten Beratung hat das nichts zu tun. Zudem können die Microsoft-Kunden gar nicht mit Microsoft verhandeln, auch wenn sie eine Rechnung von Microsoft erhalten. Sie müssen die von Microsoft gesetzte Preisliste akzeptieren. Ein Preiswettbewerb für die Microsoft-Produkte besteht nicht, die Kunden haben im Zweifel nur die Möglichkeit, den LSP bzw. ESA zu wechseln in der Hoffnung, dass der günstigere Lizenz-Pakete schnürt.
  1. Nur mit großen Unternehmen verhandelt Microsoft direkt. Doch auch hier zeigt das Unternehmen selbstbewusst seine Marktmacht. Sobald Microsoft nach den ersten Verhandlungsrunden ein Angebot formuliert hat, das von einem Pricing Board von Microsoft in abgesegnet ist, besteht de facto kein Verhandlungsspielraum mehr. Denn das Votum eines Pricing Board kann nur von den höchsten Top-Executives von Microsoft korrigiert werden, und das kommt so gut wie nie vor. Die Kunden haben keine Möglichkeit mehr, das Verhandlungsangebot zu beeinflussen. Ein taktisch äußerst geschickter Verhandlungsschachzug: Die Microsoft-Verhandler vor Ort sind damit aus dem Schneider, die Kunden können keinen Druck mehr auf sie ausüben.
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Erfahrungen aus Verhandlungen mit Microsoft

Generell schließt Microsoft für die Nutzung der Lizenzen Dreijahresverträge ab, so dass nach Ablauf dieser Zeit die Preise für die Lizenzen jedes Mal stark erhöht werden können. Nur in Ausnahmefällen gelingt es Unternehmen, einen beispielsweise auf fünf Jahre laufenden Vertrag auszuhandeln und sich die Konditionen für diesen Zeitraum sichern. Nach unseren Erfahrungen hängt das Ergebnis entscheidend davon ab, wie schon beim Einstieg in die Verhandlungen Einfluss auf das erste Angebot von Microsoft genommen wird. Wer schlecht mit Microsoft verhandelt, wird von Microsoft auch künftig Verträge mit schlechteren Konditionen bekommen, etwa mit niedrigeren Rabattsätzen, als Unternehmen, die richtig verhandeln. Nur mit stichfesten Benchmarks und einer guten Verhandlungsführung gelingt es, in eine bessere „Schubladen“ zu kommen, d.h. zu der Kundenkategorie zu gehören, die beispielsweise bessere Rabattkonditionen erhält.

Fazit

Aufgrund der strategischen Relevanz und der wirtschaftlichen Bedeutung sind die Vertragsverhandlungen mit Microsoft ein wichtiges Thema für den CFO und CEO. Unternehmen müssen dem Thema hohe Prioriät zumessen und eine langfristige Microsoft-Strategie entwickeln, die neben einer technischen Roadmap auch eine wirtschaftliche Zielvorstellung enthält. Notwendig ist deshalb eine unabhängige Beratung (die von den LSP bzw. ESA nicht gewährleistet ist), um eine maximale Kostenoptimierung über intelligente Mengengerüste, kaufmännisch optimierte Vertragskonstrukte sowie mehrstufige Verhandlungsschritte zu erreichen.

Autor: René Schumann, CEO Negotiation Advisory Group

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