Business Support Service: Vom Nutzeffekt zum Business Value

Business Value – geschäftlichen Mehrwert zu ermöglichen und zu steigern, ist in Zeiten des harten globalen Wettbewerbs mehr denn je eine erfolgskritische Herausforderung für jede IT-Abteilung, die in ihrer Rolle als interner IT Service Provider das Kerngeschäft ihres Unternehmens unterstützt.

Erst der Mitarbeiter schöpft den geschäftlichen Mehrwert, und der unternehmensinterne IT Service Provider ermöglicht ihm das einzig und allein durch die verlässliche und vereinbarungsgemäße Erbringung der servicespezifischen Nutzeffekte. Nur wenn jedem Mitarbeiter jeder IT-basierte Business Support Service (ITBSS), den er gerade abgerufen hat, umgehend erbracht wird, kann er seine aktuell anstehende geschäftliche Aktivität planmäßig und effizient ausführen.

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Ein Bündel von Nutzeffekten

Ein IT-basierter Business Support Service ist definiert als ein Bündel von Nutzeffekten,

  • das der rechenschaftspflichtige Service Provider durch seine Maßnahmen und Aktivitäten erbringt beziehungsweise erbringen lässt,
  • das durch Funktionen von IT-Systemen erzeugt wird,
  • dessen Erbringung für eine Gruppe von Service-Konsumenten der Service-Kunde beauftragt,
  • das die Service-Konsumenten verwenden, um ihre aktuell anstehende geschäftliche Aktivität auszuführen.

Beim E-Mail-Service, der als universeller IT-basierter Business Support Service betrachtet werden kann, besteht der elementare Nutzeffekt für den Service-Konsumenten darin, dass von seinem Original-E-Mail je eine Kopie an jede E-Mail- Adresse zugestellt wird, die er vorgegeben hat. Genau das muss der Service Provider im eng verzahnten Zusammenwirken mit seinen Service Suppliern für jeden abgerufenen E-Mail- Service erwirken.

Die Stufen zum Ziel

Der IT-basierte Business Support Service, den der Mitarbeiter abruft und für seine Arbeit verwendet, wird über zwei Stufen erbracht (siehe Bild 1):

  • Bei jedem Abruf wird der ITBSS vollautomatisch und in Echtzeit aus konstitutiven (= unabdingbaren) Service-Beiträgen zusammengeführt und dem abrufenden Mitarbeiter umgehend erbracht, so dass er die Aufgabe erfüllen kann, für deren Ausführung er den Service abgerufen hat.
  • Der Service Provider hat lange vorher seine Service Supplier im Rahmen der Service Supply Chain mit der Erbringung der konstitutiven Service-Beiträge beauftragt. So kann auf den Abruf hin, der abgerufene Service in Echtzeit aus diesen Service-Beiträgen aggregiert werden.
  • Die beauftragten Service Supplier beschaffen über die System Supply Chain die erforderlichen IT-Produkte und setzen sie zu den IT-Systemen zusammen, die Funktionen für die Erbringung von Service-Beiträgen bereitstellen. Sie haben diese IT-Systeme in Service-Erbringungsbereitschaft versetzt, so dass jederzeit Service-Beiträge erbracht werden.

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Der kritische Erfolgsfaktor

Der Mitarbeiter der Business Unit ist als abrufender Service-Konsument der absolut kritische Erfolgsfaktor für die Erbringung eines IT-basierten Business Support Service. Die Nutzeffekte, die per Service an ihn erbracht werden, sind die alleinige Grundlage für die geschäftliche Mehrwertschöpfung. Der Mitarbeiter ruft einen IT-basierten Business Support Service genau dann ab, wenn er die service-spezifischen Nutzeffekte für die Ausführung einer anstehenden geschäftlichen Aktivität benötigt; daraufhin müssen sie ihm umgehend erbracht werden. Der Mitarbeiter ist immer zu 100 Prozent in die Service-Erbringung involviert und muss also angemessen berücksichtigt und integriert werden. Er verspürt jegliche Service-Beeinträchtigung sofort und unausweichlich, erst recht die Service-Versagung. Man kann ihm also keineswegs vormachen, der Service sei erbracht worden, wenn dem nicht so ist. Er allein verwendet die Nutzeffekte der vereinbarungsgemäß erbrachten Services für seine Arbeit und schöpft damit erst den geschäftlichen Mehrwert. Aus der Sicht des Service Providers wirkt erschwerend, dass der Service-Konsument für ihn ein externer Faktor ist; ein Mitarbeiter aus einer primären Business Unit ist für ihn ein externer Faktor, den er keinesfalls so steuern kann wie einen Mitarbeiter seiner eigenen Organisationseinheit. Also muss er die Service-Erbringung vollständig auf die Erfordernisse und Belange der Service-Konsumenten aus den Business Units ausrichten. Weil erst der Mitarbeiter als Konsument der IT-basierten Business Support Services den eigentlichen geschäftlichen Mehrwert erzeugt, müssen ihm die service-spezifischen Nutzeffekte bei jedem Service-Abruf verlässlich und vereinbarungsgemäß erbracht werden. Die jeweilige Vereinbarung für die Service- Erbringung, das Service Level Agreement (SLA), muss also im Kern die eindeutige Beschreibung dieser Nutzeffekte enthalten. Um das zu erreichen und den IT-basierten Business Support Service umfassend zu beschreiben und zu vereinbaren, wird die hier dargestellte eindeutige, vollständige und konsistente Service-Spezifikation mit 12 Standard-Service-Attributen verwendet (siehe Bild 2).

Standard-Service-Attribut 01

Das Standard-Service-Attribut 01, der Service-Konsumentennutzen, ist das entscheidende Attribut und der Ausgangs- und Zielpunkt jeglicher Service-Erbringung. Es handelt sich hier um die stichpunktartige Aufzählung derjenigen Nutzeffekte, die bei jedem Service-Abruf für den jeweiligen Service-Konsumenten erbracht werden müssen. Diese Nutzeffekte müssen in den Begriffen der Service-Konsumenten beschrieben werden, so dass sie sie verstehen und effizient für ihre Arbeit einsetzen können. Die elf anderen Attribute spezifizieren und qualifizieren den Service so, dass für jeden einzelnen Service-Abruf objektiv und nachvollziehbar festgestellt werden kann, ob der abgerufene Service erbracht oder versagt wurde – und dementsprechend bezahlt werden muss oder nicht. Diese Service-Spezifikation ist für den Service Provider die wesentliche Grundlage für die Konzipierung, Orchestrierung und Steuerung der Service-Erbringung. Alle konstitutiven Service-Beiträge werden daraus abgeleitet, ihrerseits mit ihren 12 Attributen und  Attributwerten spezifiziert sowie bei den Service Suppliern beauftragt. Des Weiteren werden die erforderlichen Service-Erbringungskapazitäten aus den Spezifikationen abgeleitet. Aus diesen Werten ergeben sich wiederum fundierte Anforderungen an das Design und Sizing der service-relevanten IT-Systeme und der weiteren Ressourcen. Somit liefern sie die Anforderungen für die Randbedingungen und für die Ausführung der Service-Erbringung. Mit diesem Ansatz wird ein klarer Fokus auf service-basierte Nutzeffekte für den Mitarbeiter gesetzt und den Business Value, den er daraus erst schöpft. Dem steht die gängige Sichtweise gegenüber, dass der „IT-Service“ schon erbracht sei, wenn die betreffende Applikation mitsamt Infrastruktursystemen verfügbar ist. Dementsprechend wird die technische Verfügbarkeit der Applikation als maßgebliches Ziel- und Bewertungskriterium für das IT Service Management herangezogen. Zudem wird unterstellt, dass damit bereits der Business Value der IT realisiert werde, während dazu erst noch jeder abgerufene IT-basierte Service verlässlich erbracht werden muss. Diese Sichtweise führt oft zu miserablen Service-Qualitäten sowie zu häufiger Service-Versagung (= Incidents) und damit zu unmittelbaren operativen Verlusten für den betroffenen Mitarbeiter in der Business Unit, weil er seine Arbeit nicht wie geplant ausführen kann. Weil ihm die vereinbarten Nutzeffekte bei Abruf nicht umgehend erbracht werden, kann er den erforderlichen Business Value nicht erzeugen; stattdessen wird er in seiner Arbeit aufgehalten und hat meist erheblichen Zusatzaufwand, etwa Incident melden, Aktivität neu planen oder verschieben, so dass eher Business Value reduziert oder vernichtet wird. Des Weiteren bewirkt diese Sichtweise eine Fehlorientierung von IT-Investitionen, Ressourcen und Aufwänden, weil diese teilweise nichts zur erforderlichen Service-Erbringung und zur geschäftlichen Mehrwertschöpfung beitragen.

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Fazit

Ein Mitarbeiter einer Business Unit kann nur dann seinen Teil zur geschäftlichen Mehrwertschöpfung beitragen, wenn ihm die dafür erforderlichen Nutzeffekte mit jedem abgerufenen IT-basierten Business Support Service verlässlich erbracht werden. Das kann der rechenschaftspflichtige IT Service Provider nur leisten, indem er die erforderlichen Nutzeffekte klar erfasst und sie gemeinsam mit den anderen Service-Qualitäten in einer eindeutigen und vollständigen Service-Spezifikation zusammenfasst wie sie ihm Rahmen dieses Artikels vorgestellt wurde. Diese Spezifikation muss er als Grundlage für die Konzipierung der IT-basierten Services verwenden, als Prüfstein für die vereinbarungsgemäße Service-Erbringung und als Grundlage für die Abrechnung der erbrachten Service-Volumina. Im weiteren muss er aus der Service-Spezifikation die Anforderungen an das Design und Sizing der service-relevanten IT-Systeme und Ressourcen ableiten, diese entsprechend ausrüsten, installieren, konfigurieren und in Service-Erbringungsbereitschaft versetzen (lassen), so dass die geschäftsrelevanten IT-basierten Services jederzeit abgerufen und erbracht werden können. Nur wenn der rechenschaftspflichtige Service Provider all das kontinuierlich und verlässlich (gewähr)leistet, kann er sicherstellen, dass auf der Basis der erbrachten Services Business Value generiert wird.

PAUL G. HUPPERTZ

Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe oktober 2008 des it managements.

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