Wie sieht es aktuell in Unternehmen im Hinblick auf Datenmanagement und Nachhaltigkeit aus und welche Möglichkeiten stehen Unternehmen zur Verfügung um den Klimaschutz zu unterstützen? Ein Interview mit Roman Eckschlager, MD Sales & Marketing bei Aparavi Europe.
Immer mehr Unternehmen rücken Klimaschutz und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihres Handels – was können sie dafür im Bereich Datenmanagement verbessern?
Roman Eckschlager: Unternehmen erkennen zunehmend, dass sie ebenfalls ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten müssen und es dabei mit halbherzigen Maßnahmen nicht getan ist. Stattdessen brauchen sie ein umfassendes Konzept, das alle Unternehmensbereiche einschließt und dazu gehört eben auch ein ressourcenschonendes Datenmanagement. Die meisten von uns machen sich wahrscheinlich keine Gedanken darüber, wie oft wir am Tag Dokumente, Präsentationen und Bilder auf lokalen Servern oder in der Cloud ablegen und speichern – das summiert sich allerdings: In einer aktuellen Studie von Aparavi unter deutschen IT-Entscheidern haben mehr als die Hälfte von ihnen (58 Prozent) angegeben, dass ihr Unternehmen mehr als 1.001 Terabyte an Daten speichert. Eine weitere Studie hat ergeben, dass das Internet im Jahre 2012 4,6 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs ausgemacht hat. Damit wäre das Internet in diesem Jahr im internationalen Ländervergleich Platz sechs hinter China, den USA, der EU, Indien und Japan gewesen. Das ist aber nun fast 10 Jahre her! Streaming-Anbieter steckten noch in den Kinderschuhen, genau wie Videokonferenz-Tools, von dem neuen Mobilfunkstandard 5G ganz zu schweigen.
Dieser Datenberg führt zu einem immer höheren Stromverbrauch, der wiederum zu steigenden CO2-Emissionen beiträgt. Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, brauchen wir deshalb weniger Daten: Zum einen, indem wir Daten, die redundant, obsolet oder trivial sind, konsequent und systematisch löschen, und zum anderen, indem wir unser Verhalten im Umgang mit Daten dauerhaft ändern. Brauchen wir wirklich zehn alte Kopien einer Text-Datei, nur um alle noch so kleinen Änderungen zu dokumentieren, oder reicht nicht auch einfach die neuste, aktuelle Version?
Sind sich Unternehmen bewusst, dass sie auf diesen riesigen Datenmengen sitzen und damit der Umwelt schaden?
Roman Eckschlager: Das Bewusstsein für das Thema wächst zwar, aber es ist definitiv noch nicht in allen Unternehmen angekommen. Immerhin bestätigen in unserer Studie 63 Prozent, dass die Verringerung ihres CO2-Fußabdrucks Priorität genießt, entsprechend löschen von diesen gut drei Viertel (77 Prozent) konsequent nicht mehr benötigte Daten. Allerdings wusste von allen Befragten jeder Fünfte (21 Prozent) nicht, wie viele Daten sein Unternehmen überhaupt speichert. Alle gutgemeinten Ideen und Maßnahmen nützen jedoch nichts, wenn man die Ausmaße eines Problems nicht ganz genau kennt – das muss sich dringend ändern. Unternehmen brauchen Transparenz über ihren gesamten Datenbestand, egal was für Daten es sind oder wo sie gespeichert sind.
Warum tun Unternehmen sich so schwer damit, Daten konsequent zu löschen?
Roman Eckschlager: Ich denke, dass das auf der einen Seite schlicht Gewohnheit und dabei zu einem gewissen Maß auch Bequemlichkeit ist. Ohne Frage ist es leichter, Daten, die man nicht mehr benötigt, einfach in Ruhe zu lassen und bei Bedarf schnell nach ihnen zu suchen, als sich immer wieder Gedanken darüber zu machen, ob sie gelöscht werden können, welche Informationen vielleicht in Zukunft tatsächlich nochmal gebraucht werden können und ob sich diese vielleicht woandershin übertragen lassen. Speicherplatz ist schließlich schnell gekauft.
Auf der anderen Seite sind die Datenmengen in den meisten Unternehmen heute so groß und komplex, dass Unternehmen oft auch einfach nicht wissen, wo und wie sie überhaupt anfangen sollen. Natürlich könnten Mitarbeiter manuell jede Datei durchgehen und prüfen, beispielsweise als Vorbereitung zur Migration in die Cloud, aber bei mehreren Tausend Terabyte an Daten, die zudem jeden Tag mehr werden, ist das im Grunde Sisyphusarbeit.
Welche weiteren Vorteile bietet nachhaltiges Datenmanagement – neben einem niedrigeren Stromverbrauch – Unternehmen noch?
Roman Eckschlager: Ganz grundsätzlich müssen Unternehmen anfangen, Daten als eine ihrer wichtigsten Ressourcen zu betrachten und sie entsprechend behandeln. Wenn ich wissen will, welche weiteren Wünsche oder Bedürfnisse meine Kunden haben und ob mein Unternehmen diese selbst erfüllen kann oder nicht, finde ich sehr viele wichtige Informationen darüber in meinen Unternehmensdaten. Allerdings muss ich in der Lage sein, schnell an diese Informationen zu gelangen, sonst entgehen mir womöglich Chancen für Wachstum oder Profite. Nachhaltiges Datenmanagement macht dies einfacher, weil der Datensatz wesentlich schlanker ist, wenn alle unnötigen Daten gelöscht sind – bei manchen können das bis zu 40 Prozent der Unternehmensdaten sein, die keinen Mehrwert bieten. Und wenn ich weniger Daten durchsuchen muss, finde ich natürlich viel schneller genau das, was ich brauche.
Der Kostenfaktor spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: Mehr als jedes vierte Unternehmen (27 Prozent) gibt bereits heute schon im Geschäftsjahr über 100.000 Euro für die Speicherung seiner Daten aus. Wenn ihr Datenwachstum ungebremst weitergeht, steigen auch diese Kosten immer weiter. Wer dagegen unnütze Daten einmal komplett löscht und neue Regeln und Richtlinien für den Umgang mit Daten implementiert, kann langfristig Kosten einsparen.
Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter auch in einigen Monaten oder Jahren bei ihrem Datenmanagement nachhaltig agieren?
Roman Eckschlager: Wie bei vielen Nachhaltigkeitsinitiativen kommt es darauf an, dass die Belegschaft von Anfang an einbezogen wird und Mitarbeiter insbesondere die Vorteile erkennen, die ihnen die tägliche Arbeit erleichtern. Bei nachhaltigem Datenmanagement ist das vor allem die Zeit, die sie jeden Tag sparen können. Wahrscheinlich kennt jeder von uns diese Situation: man braucht – dringend – eine bestimmte Information und klickt sich durch zahlreiche Ordner und veraltete Dateiversionen, fragt im Zweifel noch Kollegen um Hilfe, die sich dann ebenfalls auf die Suche begeben. Das kostet alle Beteiligten Zeit und Nerven.
Zudem sollten Unternehmen konkrete Richtlinien definieren, die den Umgang mit Daten künftig regeln. Dazu gehört beispielsweise, dass Mitarbeiter im selben Dokument arbeiten sollen statt in immer wieder neuen Kopien oder dass Daten regelmäßig nach einer bestimmten Zeit auf ihren Wert für das Unternehmen geprüft werden. Halten sich die Mitarbeiter an solche Vorgaben, wird sich über Zeit eine Mentalität entwickeln, in der nachhaltiges Datenmanagement ein selbstverständlicher Teil der Unternehmenskultur ist.
Welche Möglichkeiten stehen Unternehmen noch zur Verfügung, ihre IT nachhaltiger zu gestalten?
Roman Eckschlager: Die Möglichkeiten sind zahlreich und fangen bereits bei der Auswahl der Geräte an. Hierbei sollten IT-Abteilungen zum Beispiel stark auf Langlebigkeit und Energieeffizienz achten. Außerdem sollten die Fähigkeiten der Geräte nicht zu stark über den tatsächlichen Bedarf der Mitarbeiter hinausgehen. Wer im Arbeitsalltag nur einfache Office-Programme nutzt, braucht vielleicht nur einen Thin Client statt eines ressourcenintensiven Desktop-PCs. Auch die IT-Infrastruktur lässt sich durch flexibles Hosting und Management und dem Einsatz flexibler und skalierbarerer Software und Sicherheitsfunktionen nachhaltiger gestalten. Und ein ganz einfacher Punkt: Wer das Büro verlässt, macht alle Geräte aus und lässt sie nicht im Standby-Modus.