In diesem Jahr dominierten Themen rund um künstliche Intelligenz (KI) die Technologielandschaft und die Vorstandsetagen. Fast täglich tauchten neue Anwendungsfälle für Text-, Bild-, Audio- und sogar Codegenerierung auf, was zu einem Rush auf generative KI aber auch zu Unsicherheiten und Rufen nach mehr Regulierung führte.
Für Unternehmen bedeutete die rasante Entwicklung bei ChatGPT und Co vor allem, KI durch die Geschäftsführung ganz oben auf die Agenda zu setzen und dafür das eigene Datenmanagement verstärkt auf den Prüfstand zu stellen. Die Datenstrategie ist mit dem Durchbruch von KI zur essenziellen Geschäftsstrategie geworden.
Benjamin Bohne, Group Vice President Sales in der DACH-Region und Osteuropa bei Cloudera, wirft deshalb im Folgenden einen Blick auf aktuelle Trends, die im neuen Jahr die Datenstrategie in den Unternehmen prägen werden. Dabei geht es nicht nur um KI, sondern auch um Edge Analytics, Hybrid Cloud, Cloud-Regulierung und Daten als Produkt.
Trend #1: KI macht eine hybride Cloud-Strategie zur Pflicht
2024 werden viele Unternehmen realisieren, dass sie als Teil ihrer Datenstrategie ihre Hybrid-Cloud-Strategie überarbeiten müssen, um die Vorteile der künstlichen Intelligenz (KI) voll auszuschöpfen. Dies bedeutet, dass die Qualität und Zugänglichkeit von Daten auf dem Prüfstand stehen. Unternehmen müssen genau verstehen, welche Datensätze und Workloads On-Premises oder in der Cloud gespeichert werden sollten – sei es aus Security- Compliance-, Skalierbarkeits- oder Kostengründen. Diese Entscheidungen werden sowohl für den Input als auch für den Output von KI von essenzieller Bedeutung sein, weshalb die Entwicklung einer individuellen Hybrid-Cloud-Strategie unerlässlich ist.
Komplexe Themen wie die Einhaltung von Compliance-Vorgaben sowie gesetzlichen Vorschriften müssen frühzeitig in die Cloud-Strategie eines Unternehmens integriert werden. Diese lassen sich nach der Implementierung von KI-Lösungen noch schwieriger umsetzen. Derzeit ringen Behörden und Regierungen weltweit damit, wie sich KI-Vorschriften gesetzlich regulieren lassen, ohne mit einer Überregulierung Stillstand zu bewirken. Aktuell versuchen das EU-Parlament sowie die EU-Kommission, diesen Spagat in Form des AI Acts zu bewerkstelligen. Danach werden Unternehmen voraussichtlich in der Pflicht stehen, ihre Daten strenger zu kontrollieren. Private Rechenzentren werden daher voraussichtlich im kommenden Jahr ein Comeback feiern, da sie Unternehmen die Möglichkeit bieten, sensible Daten zu schützen und zu verwalten.
Trend #2: Keine Wechselflut der Cloudanbieter
Das Europäische Parlament hat im Data Act einen Standard festgelegt, der einen einfachen Wechsel zwischen Cloud-Anbietern ermöglicht. Einen ähnlichen Prozess gab es bereits bei Banken, Energie-, Internet- und Mobilfunkanbietern. Die Regulierungsbehörden sind eingeschritten, um den Wechsel von Dienstleistungen zu erleichtern sowie die Flexibilität und Auswahl zu verbessern. Da der Wechsel des Cloud-Anbieters technisch und organisatorisch viel komplexer ausfällt als der eines Internetanbieters, ist es unwahrscheinlich, dass es zu einer Flut an Wechseln kommt. Letztendlich erfordert der Wechsel des Cloud-Anbieters viel Zeit, Ressourcen und Fachwissen.
Trend #3: Data Lakehouses und Edge Analytics ermöglichen neue Anwendungsfälle
2023 haben Unternehmen begonnen, mit Data-Lakehouse-Funktionen zu experimentieren, aber ihr wahrer Wert kommt noch nicht zum Vorschein. Das ändert sich: 2024 wird das Jahr des offenen Data Lakehouse. Über dieses können alle Elemente des Technologie-Stacks eines Unternehmens Daten effizienter zwischen den Diensten verteilen. Dies ermöglicht konkrete Anwendungsfälle – wie etwa die Erstellung einer Daten-Momentaufnahme für die Einhaltung von Finanzvorschriften.
Mit dem Aufstieg des Internet der Dinge werden wir weiterhin ein Wachstum der Edge Analytics erleben. Die Menge der verwalteten Daten wird dabei weiter zunehmen, aber falls deren Potenzial in Echtzeit genutzt werden kann, ist dies ein enormer Mehrwert an der Datenquelle. Edge Analytics ermöglicht bereits heute, etwa automatisch einen Krankenwagen zu schicken, wenn ein Patient mit einem intelligenten Herzschrittmacher einen Herzstillstand erleidet. Sie kann auch (meistens) verhindern, dass selbstfahrende Autos ineinander krachen. In vielerlei Hinsicht sind wir aber erst ganz am Anfang, wenn es um die Möglichkeiten von Edge Analytics geht. Wir werden im neuen Jahr also sehen, dass immer mehr Unternehmen in diesen Bereich investieren, um Echtzeitdaten aus dem gesamten Netzwerk zu erhalten.
Trend #4: Daten als Produkt
Im Jahr 2024 werden Daten nicht mehr nur ein wertvolles Gut, sondern auch ein Produkt sein. Dies ist der nächste entscheidende Schritt in der Reifung von Daten. Rollen wie die des „Data Product Owner“ werden sich durchsetzen, da Unternehmen ihre Daten wirklich verstehen wollen. Nur so sind sie in der Lage, aussagekräftige und umsetzbare Erkenntnisse zu gewinnen. Als Folge davon werden Unternehmen einen vertrauenswürdigen Datenbestand aufbauen können, der leichter zu pflegen und zu übertragen ist und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Teams auf globaler Ebene ermöglicht. Dies wiederum wird Unternehmen in die Lage versetzen, die Welle der KI-Innovationen zu nutzen, indem sie vertrauenswürdige Daten aufbauen, die ihrerseits vertrauenswürdige KI-Lösungen antreiben.
Trend #5: Der KI-Sprung vom Labor in die Fläche
Die KI-Landschaft entwickelt sich so rasant, dass es schwer fällt vorherzusagen, wie sie in einem Jahr genutzt werden wird. Sicher ist jedoch, dass die KI bis 2024 den Sprung vom Labor in die Fläche schaffen und eine Welle neuer Anwendungsfälle ermöglicht. In Branchen wie den Biowissenschaften, in denen KI die Erforschung und Entdeckung neuer Medikamente beschleunigt und die Zahl der für Tests verfügbaren Medikamente verdoppelt, zeigt sich die Leistungsfähigkeit von KI bereits heute. Dies ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs und wir werden das wahre Potenzial der KI erst dann erkennen, wenn sie in großem Maßstab in verschiedenen Branchen integriert ist.
Trend #6: Der KI-Markt konsolidiert sich
Der Markt für künstliche Intelligenz wird sich zudem allmählich konsolidieren, da die gut finanzierten „Early Starters“ die Newcomer bis 2024 verdrängen werden. Die Finanzierung von KI-Unternehmen hat in den letzten Jahren zwar einen Boom erlebt, aber für neue KI-Startups dürfte es bereits zu spät sein, noch große Finanzierungsrunden zu schaffen. Jedes Mal, wenn ein Start-up mit einer innovativen Idee aufwartet, kann ein größeres Unternehmen wie OpenAI – mit größeren Teams und unterstützt durch eine 13-Milliarden-Dollar-Investition von Microsoft – diese Idee einfach replizieren, indem es eine neue Schnittstelle (API) hinzufügt. Es scheint, als würde sich hier die Geschichte wiederholen. Denn: Das Gleiche passierte mit kleinen innovativen Cloud-Anbietern, die von den großen Hyperscalern entweder aufgekauft oder aus dem Geschäft gedrängt wurden. Der AI Act versucht auch hier anzusetzen: So werden wir in der EU sehen, wie die regulatorischen Vorgaben die Entwicklung von Lösungen mit risikoreicher KI einschränkt oder verlangsamt.