Der Einsatz von Algorithmen des maschinellen Lernens für das Durchfiltern von Postings in sozialen Medien ermöglicht Forschern einen Einblick in die Erfahrungen der Patienten.
Also in Erfahrungen, die häufig übersehen werden oder nur schwierig zu bekommen sind, wenn man sich vorwiegend auf Daten aus Krankenakten und medizinischen Studien verlässt, bei denen es Jahre dauern kann, bis sie abgeschlossen sind. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher der Perelman School of Medicine at the University of Pennsylvania.
Kostengünstige Alternative
Laut Forscherin Graciela Gonzalez-Hernandez ist das Sammeln von Datenbergen aus den sozialen Medien kostengünstig, erfordert keine Belastung der Teilnehmer und ist in Echtzeit möglich. Zudem sei es leichter, die Stimmen von unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen einzufangen, die häufig bei biomedizinischen Tests und traditionellen Kohortenstudien nicht vertreten sind. Einer dieser Bereiche sei die Art und Weise, wie Gesundheitsdienstleister Probleme mit verschreibungspflichtigen Medikamenten beim FDA Adverse Event Reporting System melden.
Laut Gonzalez-Hernandez melden die Zuständigen, was ihnen wichtig erscheint, zum Beispiel, dass schwerwiegende Ereignisse überrepräsentiert sind. Hingegen können störende Nebenwirkungen, die für Patienten von großer Wichtigkeit sind und unter anderem zum Nichteinhalten der verschriebenen Medikation führen können, unterrepräsentiert sein. Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat Postings in Medien ausgewertet, um mehr über die Wirkungen von Buprenorphin zu erfahren – ein Medikament, das Opioidkonsumenten beim Entzug unterstützt. Die Forschung zeigt Besorgnis bei registrierten Nutzern von Reddit. Personen, die Fentanyl angewendet haben, sollen extreme Entzugserscheinungen gehabt haben. Laut Co-Autor Abeed Sarker machen viele Menschen ihrem Frust darüber Luft. Zusätzlich wurde in den vergangenen sieben Jahren ein großer Anstieg beim Schreiben über Fentanyl und den Entzug festgestellt.
Mehr Wissen über Brustkrebs
In Frankreich haben Forscher Algorithmen des maschinellen Lernens entwickelt, um Gesundheitsdienstleistern eine bessere Versorgung von Frauen mit Brustkrebs zu ermöglichen. Das Programm identifiziert Themen, die die Patientinnen in Posts auf Facebook und dem Online-Forum zur Sprache bringen, und vergleicht sie mit einem Fragebogen, der von der European Organization for Cancer Research and Care für die Messung der Qualität eingesetzt wird. Dabei hat sich gezeigt, dass Themen, die Frauen Sorge bereiten, mit dem Fragebogen nicht abgedeckt waren.
Manche Wissenschaftler untersuchen derzeit, wie sich Daten von Postings in sozialen Medien mit traditionelleren Ansätzen kombinieren lassen. Su Golder von der University of York überprüft aktuell die medizinische Literatur über die Nebenwirkungen der HPV-Impfung gegen den humanen Papillonavirus. Für die Unterstützung dieser Arbeit nutzen die Forscher „Natural Language Processing“ bei Plattformen sozialer Medien wie Twitter und den Foren von WebMD. Ziel ist es herauszufinden, was online über die Impfungen gesagt wird. Laut der Wissenschaftlerin ist es wichtig zu erforschen, was den Menschen Sorgen bereitet.
Daten für Suizidstatistiken
Forscher der Centers for Disease Control and Prevention und des Georgia Institute of Technology haben Daten von sozialen Medien mit traditionelleren epidemiologischen Quellen kombiniert. Ziel war es, die Genauigkeit und den Zeitpunkt der Schätzungen für die nationalen Selbstmordzahlen zu verbessern. Derzeit werden die Suizidstatistiken mittels der Sterbeurkunden von mehr als 2.000 Pathologen ausgewertet. Es kann mehr als ein Jahr dauern, bis diese Statistik erstellt ist. Daher wird es schwierig, ein wirksames Präventionsprogramm zu planen.
Durch das Hinzufügen von Postings aus den sozialen Medien und anderen Daten, konnten die Wissenschaftler die nationalen Suizidzahlen für jede Woche genau schätzen. Der Algorithmus durchkämmt die Postings zu Suizid auf Reddit, Twitter und Tumblr. Ausgewertet werden Trends bei Google und YouTube, die Besuche in der Notaufnahme aufgrund von Selbsttötungsversuchen und -gedanken. Zusätzlich werden die National Suicide Prevention Lifeline und das National Poison Data System ausgewertet.
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