Das US-Startup Lonestar Data Holdings macht Ernst mit seinen Plänen, das erste physische Rechenzentrum auf der Mondoberfläche zu installieren. Wie das Unternehmen am Dienstag bekannt gab, soll das vollständig montierte Rechenzentrum noch Ende nächsten Monats an Bord einer Falcon-9-Rakete von SpaceX starten.
Günstigere Raketenstarts, unbegrenzte Solarenergie und kostengünstige Kühlsysteme haben einen regelrechten Wettlauf unter Startups ausgelöst, den Weltraum in einen riesigen Datenknotenpunkt zu verwandeln. Ziel ist es, den wachsenden Rechenleistungsbedarf neuer Technologien wie KI zu decken.
„Wir setzen alles daran, dass die Mission reibungslos verläuft“, erklärte Lonestar-CEO Chris Stott gegenüber Reuters. „Die Idee, den größten Satelliten der Erde als Ankerpunkt zu nutzen, bietet uns die nötige Distanz für sichere Kommunikation.“ Der Fokus liege dabei auf Disaster Recovery und Datenspeicherung, nicht auf latenzkritischen Anwendungen.
Erste Kunden bereits an Bord
Für das „Freedom“ getaufte Rechenzentrum, das mit Solarenergie betrieben wird und natürlich gekühlte Solid-State-Drives nutzt, konnte Lonestar bereits namhafte Kunden gewinnen. Darunter befinden sich der US-Bundesstaat Florida, die Regierung der Isle of Man, das KI-Unternehmen Valkyrie und überraschenderweise auch die Pop-Rock-Band Imagine Dragons. Die Erdanbindung erfolgt über ein Backup-Rechenzentrum von Flexential in Tampa, Florida.
Das Konzept weltraumbasierter Rechenzentren gewinnt zunehmend an Bedeutung, da der Energiebedarf für den Betrieb terrestrischer Anlagen stark ansteigt. Erst im vergangenen Monat konnte das Konkurrenzunternehmen Lumen Orbit in einer Finanzierungsrunde 11 Millionen US-Dollar bei einer Bewertung von 40 Millionen Dollar einsammeln. Lonestar selbst hat laut Pitchbook-Daten bisher knapp 10 Millionen Dollar bei einer Bewertung von unter 30 Millionen Dollar aufgebracht.
Die Installation von Rechenzentren im All bringt jedoch eigene Herausforderungen mit sich: aufwändige Wartung, begrenzte Upgrade-Möglichkeiten und hohe Startkosten für Raketen. Hinzu kommt das Risiko fehlgeschlagener Raketenstarts.
Studie: Wirtschaftlich und ökologisch realisierbar
Auch Domenico Vicinanza von der Anglia Ruskin University sieht in der Verlagerung von Rechenzentren in den Weltraum auch eine Chance für den Klimaschutz. Der Wissenschaftler verwies kürzlich auf die einzigartigen Vorteile der Weltraumumgebung: An strategisch günstigen Positionen könnten die Anlagen durchgehend mit Solarenergie versorgt werden, während die extreme Kälte im Schatten eine energieeffiziente Kühlung ermöglicht.
Das EU-Projekt „Ascend“, an dem namhafte Unternehmen wie Ariane, Airbus und Thales Alenia sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt beteiligt sind, bestätigt diese Perspektive. Eine im Sommer 2024 abgeschlossene Studie kam zu dem Ergebnis, dass Weltraum-Rechenzentren sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch realisierbar sind – vorausgesetzt, die Emissionen der Trägerraketen können um etwa das Zehnfache reduziert werden.