Materialforschung der Zukunft

DLR-Projekt: Quantenpower für neue Materialien

Quantencomputer
Fotoquelle: planqc, Fritz Beck

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat im Rahmen seiner Quantencomputing-Initiative (QCI) die Unternehmen d-fine und planqc mit der Weiterentwicklung von Quantencomputern für die Materialsimulation beauftragt. Im Projekt QuantiCoM sollen industrierelevante Lösungen für die Luft- und Raumfahrt sowie Automobilindustrie entstehen.

Die Entwicklung neuer Materialien könnte schon bald eine dramatische Beschleunigung erfahren. Das DLR setzt dabei auf die Rechenpower von Quantencomputern, um in der Materialforschung neue Wege zu gehen. Am 25. Februar 2025 gab das DLR bekannt, dass die Unternehmensberatung d-fine und der Quantencomputer-Hersteller planqc in zwei Teilprojekten des QuantiCoM-Programms eingebunden werden. Unterstützt werden sie dabei vom Simulationsspezialisten ExoMatter als Unterauftragnehmer sowie Airbus in beratender Funktion.

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Quantensimulationen verkürzen Entwicklungszeiten drastisch

Bei der Materialforschung stoßen konventionelle Computersysteme bei der Simulation hochkomplexer Materialien zunehmend an ihre Grenzen. Besonders bei stark korrelierten Materialien, bei denen Elektronen intensiv miteinander interagieren, werden die Berechnungen extrem komplex. Genau hier sollen Quantencomputer ihr volles Potenzial entfalten.

„Die Nutzung von Quantencomputern im Projekt QuantiCoM bietet uns die einzigartige Gelegenheit, komplexe Materialsimulationen durchzuführen, die nicht nur die Wissenschaft weiterbringen, sondern auch echte, praxisnahe Lösungen für die Industrie bieten“, erklärt Dr. Sabine Matysik, Expertin für Quantum Computing und Modellierung bei d-fine.

Fokus auf Leichtbaulegierungen und Korrosionsschutz

Das Projekt unterteilt sich in zwei strategische Teilbereiche mit klar definierten industriellen Anwendungsfällen:

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QuantiCoM | QALPHAD: Präzisere Materialvorhersagen

Im ersten Teilprojekt wird erforscht, wie sich Materialeigenschaften durch Quantensimulationen präziser vorhersagen lassen. Ein konkreter Anwendungsfall ist die Optimierung von Leichtbaulegierungen für Strukturbauteile in der Luft- und Raumfahrt. Diese Legierungen, die hohe Festigkeit bei geringem Gewicht bieten, könnten entscheidend zur Treibstoffreduktion beitragen.

Die Wissenschaftler entwickeln einen Quantencomputer-gestützten Ansatz, der auf der bewährten CALPHAD-Methode basiert. Da aktuelle Quantencomputer noch nicht leistungsfähig genug sind, um realistische Materialien vollständig zu simulieren, setzen die Forscher auf Quantum-Embedding-Methoden. Dabei werden die stark korrelierten Elektronen auf Quantencomputern berechnet, während der Rest des Systems weiterhin mit klassischen Computern simuliert wird.

QuantiCoM | AMQS: Wechselwirkungen mit Metallen verstehen

Das zweite Teilprojekt konzentriert sich auf die Simulation der Wechselwirkungen von Wasser und Wasserstoff mit metallischen Oberflächen. Zentrale Anwendungen sind die Verbesserung der Wasserstoffspeicherung für neue Flugzeugantriebskonzepte sowie effektiverer Korrosionsschutz für Luft- und Raumfahrtbauteile.

Wasser kann als vielseitiges Lösungsmittel die Haltbarkeit von Materialien beeinträchtigen, während Wasserstoff als Energieträger Materialien durch Wasserstoffversprödung schwächen kann. Das Projekt soll herausfinden, wie Schutzbeschichtungen oder Oberflächenmodifikationen die Beständigkeit von Bauteilen verbessern können.

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Innovationssprung durch Quantentechnologie

„Ob für Energiespeicher, Luft- und Raumfahrt oder Hochleistungswerkstoffe: Die beschleunigte Entwicklung neuer Materialien mithilfe von Quantencomputern wird eine Vielzahl von Innovationen auslösen, die zu Nachhaltigkeit und Wachstum beitragen“, betont Dr. Alexander Glätzle, CEO und Co-Founder von planqc.

Die Partner setzen hohe Erwartungen in das Projekt. „Es ist uns sehr wichtig, die Materialforschung zu beschleunigen und Ressourcen einzusparen. Daher freuen wir uns sehr, mit unserer leistungsfähigen digitalen Plattform und unseren Materialdaten zur Weiterentwicklung von Materialsimulationen beizutragen“, ergänzt Dr. Josua Vieten, CEO und Co-Founder von ExoMatter.

Die Forschungsergebnisse könnten weit über die Luft- und Raumfahrt hinaus Bedeutung erlangen. Nahezu alle Industriezweige, von der Automobilbranche bis zur Energiespeicherung, könnten von schnelleren Materialentwicklungszyklen profitieren.

Wettbewerbsvorteil durch frühe Quantenanwendungen

Mit dem QuantiCoM-Projekt positioniert sich Deutschland im internationalen Wettlauf um praktische Quantencomputing-Anwendungen strategisch günstig. Während Quantencomputer noch Jahre von allgemeiner kommerzieller Nutzbarkeit entfernt sein mögen, zeigt das DLR mit diesem Projekt, dass spezialisierte Anwendungsfälle bereits heute Mehrwert schaffen können.

Für die deutsche Industrie könnte dies bedeuten, dass sie bei der nächsten Generation von Hightech-Materialien die Nase vorn hat – ein entscheidender Vorteil in zunehmend umkämpften globalen Märkten.

(sp/planc)

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