Umfrage

HR-Management: Digitalisierung schreitet voran

Moderne Technologien und Künstliche Intelligenz (KI) werden stärker denn je im HR-Management diskutiert und finden hier zunehmend Verbreitung. Rund 30 Prozent der Unternehmen haben schon entsprechende Anwendungen implementiert, pilotiert oder planen deren Einsatz. 

  • Fast ein Drittel der HR-Abteilungen haben digitale Technologien implementiert, pilotiert oder planen deren Einsatz
  • HR-Verantwortliche befürworten klare ethische Rahmenbedingungen in der Nutzung von KI und sonstigen modernen Technologien
  • Richtlinien des Ethikbeirat HR-Tech neben Weißbuch der Europäischen Kommission und KI-Strategie der Bundesregierung als bekanntes Regularium

Dabei sind es vor allem Recruiting-nahe Anwendungsfälle, wie die Optimierung von Stellenanzeigen, die Analyse von Lebensläufen oder die Integration von Chatbots, bei denen die Nutzung entsprechender Anwendungen erfolgt und als sinnvoll erachtet wird. Gleichzeitig ist der Wunsch nach mehr Sicherheit und Verbindlichkeit in diesem Prozess groß. So wünscht eine deutliche Mehrheit der HR-Professionals verbindliche Richtlinien für den Einsatz entsprechender Technologien. Die Vorgaben müssen dabei nicht gesetzlicher Natur sein, auch Hilfestellungen von Fachgremien auf gesellschaftlicher bzw. wirtschaftlicher Ebene werden akzeptiert, sind aber noch zu wenig präsent.

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Die bekanntesten Richtlinien in diesem Feld sind das Weißbuch der Europäischen Kommission zu KI, die KI-Strategie der Bundesregierung und die Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von KI und weiteren digitalen Technologien in der Personalarbeit des Ethikbeirats HR-Tech – die meisten Richtlinien sind aber fast der Hälfte der PersonalerInnen unbekannt. Die Richtlinien des Ethikbeirats HR-Tech finden eine sehr hohe Zustimmung. Sie sind nach Einschätzung der Befragten weder zu streng, noch zu schwach. Sie stellen eine gute Grundlage für die Entwicklung handlungsleitender unternehmenseigener Richtlinien dar, die drei Viertel der StudienteilnehmerInnen als erforderlich erachten.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Bundesverbands der Personalmanager BPM und des Ethikbeirat HR-Tech unter dem Titel „Zwischen Angst und Aufbruch – Moderne Technologien und KI im HR-Management“. Die Analyse wird wissenschaftlich betreut durch Martin Kersting, Professor für psychologische Diagnostik an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Mitglied des Ethikbeirat HR-Tech. Sie stützt sich auf einen umfassenden Online-Fragebogen, den mehr als 300 EntscheiderInnen aus dem HR-Management zwischen 5. Juli und 18. August beantwortet haben.

„Digitale Technologien wie KI befinden sich im Personalmanagement immer mehr im Aufwind. HR-Professionals müssen über das Rüstzeug verfügen, mit den modernen Technologien im Berufsalltag sicher und weitsichtig umzugehen“, betont Inga Dransfeld-Haase, Präsidentin des BPM. „Unsere Studie unterstreicht die Notwendigkeit pragmatischer, handlungsleitender ethischer Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von KI und moderner Technologie in Human Resources (HR).“

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Anwendungsfelder von KI und moderner Technologie in HR

Im Rahmen der aktuellen Befragung von BPM und Ethikbeirat HR-Tech wurden die TeilnehmerInnen zu acht Anwendungsfeldern von KI und modernen Technologien im HR-Management befragt. Konkret ging es um: Analyse von Lebensläufen, Optimierung von Stellenanzeigen, Chatbots als Ansprechpartner, Matching von Profilen, Erstellung eines Rankings, Vorschläge für Entwicklungsmaßnahmen, Analyse von Audio- und Video-Aufnahmen sowie Vorhersage der Kündigungsabsicht.

Diejenigen, die KI und moderne Technologien in diesen Anwendungsfeldern bereits nutzen oder einführen wollen, schätzen deren Einsatz mit deutlicher Mehrheit als sinnvoll im Sinne einer qualitativen Verbesserung der Personalarbeit ein. Die Spitzenplätze belegen die Chatbot-Nutzung
(93 % „voll und ganz sinnvoll“ bzw. „sinnvoll“), die Optimierung von Stellenanzeigen (92 %) und Matching von Profilen (91 %). Die vollautomatisierte Analyse von Lebensläufen wird etwas kritischer eingestuft (84 %).

Mit Blick auf den Nutzungsgrad bestimmter Anwendungen in der Personallandschaft führt die automatisierte Analyse von Lebensläufen, auch bekannt als CV Parsing (flächendeckende Verbreitung 11 %), vor der Optimierung von Stellenanzeigen (7 %) sowie der Nutzung von Chatbots als Ansprechpartner und dem Matching von Profilen (jeweils 5 %). Demgegenüber haben die in letzter Zeit heftig diskutierte automatisierte Analyse von Audio- und Videoaufnahmen sowie die Vorhersage der Kündigungsabsicht bisher de facto noch nicht ihren Weg in die Organisationsrealität gefunden – hier melden die StudienteilnehmerInnen keine Verbreitung, abgesehen von (sehr seltenen) Pilotprojekten.

HR muss Technologie-Kompetenz aufbauen und Verantwortung übernehmen

Die Arbeit mit KI und modernen Technologien setzt eine sorgfältige Prüfung der im Rahmen der Anwendungen genutzten historischen Datenbestände voraus, um in die Zukunft gerichtete Diskriminierung und sonstige Fehlentwicklungen auf Basis historischer Daten zu vermeiden. In dieser Hinsicht identifiziert die Studie einen beunruhigenden Befund: Je nach Anwendung wird in fast einem Drittel bis zur Hälfte der Fälle auf Tests der Anwendungen verzichtet. Aus Sicht des Ethikbeirats HR-Tech sind Tests ein unabdingbarer Arbeitsschritt in der Einführung von modernen Technologien. Wurden in den Unternehmen der StudienteilnehmerInnen Tests durchgeführt, dann in den Themenfeldern Vorschläge für Entwicklungsmaßnahmen und Nutzung von Chatbots, hier insbesondere auch unter Einbeziehung des Betriebsrats.

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Gutes Zeugnis für Richtlinien des Ethikbeirat HR-Tech

Insgesamt erzielen in der Studie alle zehn Richtlinien des Ethikbeirats HR-Tech eine hohe Zustimmung („wichtig“ und „sehr wichtig“ zusammen immer über 80 % Zustimmung). Als besonders relevant bewerten die StudienteilnehmerInnen die Forderung, dass die letzte Entscheidungsbefugnis für die Nutzung bzw. den Einsatz einer Technologie einer natürlichen Person obliegt und nicht ein Algorithmus alleine entscheidet.

Gefragt wurde nicht nur, wie wichtig die Richtlinien sind, sondern auch, ob sich diese im Spannungsfeld zwischen Verbindlichkeit und Freiheit gut positionieren, ob die Richtlinien (viel) zu mild, genau richtig oder (viel) zu streng sind. In neun von zehn Fällen wurde die „Strenge“ der Richtlinien des Ethikbeirats von über 80 % der Befragten als „genau richtig“ reingestuft. Lediglich die Richtlinie 8, nach der keine Daten ohne Einwilligung der Betroffenen erhoben werden dürfen, fanden nur 75 % „genau richtig“, 4 % als (viel) zu mild und 21 % als (viel) zu streng. Ein etwas kurioser Befund, da die Richtlinie lediglich die aktuelle Rechtslage wiedergibt.

„Die aktuelle Studie belegt, dass die Digitalisierung in HR angekommen ist. Noch ist Zeit, die damit verbundenen praktischen und ethischen Herausforderungen breiter zu diskutieren und die Einführung und Nutzung der Technologien verantwortungsvoll zu gestalten. PersonalerInnen spüren die Notwendigkeit, sich des Zukunftsthemas anzunehmen – noch besteht aber eine erhebliche Kluft zwischen dem Anspruch einerseits und der digitalen Elementarbildung und dem Handlungswissen andererseits,“ resümiert Prof. Dr. Martin Kersting, Professor für psychologische Diagnostik an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Mitglied des Ethikbeirats HR-Tech. Diese Entwicklung gelte es zu unterstützen und HR zu befähigen, moderne Technologien in ihrem Spektrum von Chancen und Risiken sowie Nutzen und Kosten zu identifizieren und die richtigen Entscheidungen im Sinne einer nachhaltig verantwortungsvollen und qualitativ hochwertigeren HR-Praxis zu fällen. „Die Richtlinien des Ethikbeirat HR-Tech können dabei als wirksame Grundlage dienen“, so der wissenschaftliche Studienleiter.

Hintergrundinformationen zur Studie:

Die aktuelle Studie von BPM und Ethikbeirat HR-Tech trägt den Titel „Zwischen Angst und Aufbruch – Moderne Technologien und KI im HR-Management“ stützt sich auf einen umfassenden Online-Fragebogen, den mehr als 300 EntscheiderInnen aus dem HR-Management im Juli/August 2021 beantwortet haben. Die Analyse wird wissenschaftlich betreut durch Martin Kersting, Professor für psychologische Diagnostik an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Mitglied des Ethikbeirat HR-Tech.

Im Nachgang zu der Befragung von HR-Professionals startet im Herbst 2021 eine vergleichbare Umfrage unter VertreterInnen der Mitbestimmung/Gewerkschaften. Die Spiegelung beider Perspektiven wird wichtige Impulse für die Verankerung von handlungsleitenden ethischen Richtlinien im Einsatz moderner Technologien im HR-Management geben.

www.bpm.de

www.ethikbeirat-hrtech.de
 

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