Im Umfeld des Industrial IoT (IIoT), wo große Datenmengen in kürzester Zeit verarbeitet werden müssen, bietet es sich an, Cloud- und Edge-Computing-Konzepte zu kombinieren.
Das sogenannte Cloud-Edge-Kontinuum kann je nach Anwendung stark variieren und erfordert mitunter eine zusätzliche Edge-Ebene.
Cloud-Services stellen mit ihren flexibel skalierbaren Ressourcen eine unverzichtbare Basis für die digitale Infrastruktur mittelständischer Unternehmen dar. Moderne Cloud-Architekturen gehen jedoch darüber hinaus. Abhängig davon, wie viele Daten anfallen und wie schnell diese verarbeitet werden müssen, ist es essenziell, ergänzende Ansätze zu implementieren.
Edge Computing als Lösungsansatz für Echtzeit-Datenverarbeitung
Verschiedene Anwendungsfälle und Datentypen erfordern spezifische Verarbeitungsmethoden. Maschinendaten, die beispielsweise zur Generierung von Störungsalerts dienen, sind oft nur in Echtzeit relevant. Eine Übertragung in die Cloud verursacht jedoch Störungen und erhöht die Datenmenge. Hier kann Edge Computing punkten: Durch die Datenvorverarbeitung direkt am Gerät, oft mit spezialisierten FPGA- oder ASIC-Lösungen, werden Verzögerungen minimiert, und nur relevante Daten werden an die Cloud weitergeleitet.
Diese Micro-Edge-Konzepte spielen eine zentrale Rolle im IoT-Bereich. Mikrocontroller und Mikroprozessoren an den Sensoren bieten Rechenkapazitäten direkt an der sogenannten Edge, verarbeiten Daten vor und senden sie für tiefergehende Analysen oder zur Integration in andere Anwendungen an zentrale Cloud-Rechenzentren. Der Einsatz von ML-Modellen (Machine Learning) direkt auf Edge-Chips ermöglicht dabei eine schnelle und autonome Entscheidungsfindung. Vorteile wie minimale Latenzzeiten und eine höhere Datensicherheit machen Edge Computing zu einem unverzichtbaren Bestandteil moderner Infrastrukturen. In Branchen wie der Fertigungsindustrie, der Logistik oder der Energieversorgung sorgt dies für effizientere Prozesse und schnellere Entscheidungsfindungen.
Far Edge Computing: Eine neue Zwischenschicht
Die Leistungsfähigkeit von Micro Edges stößt jedoch an Grenzen, da nicht jeder Sensor zu einer hochintelligenten, schwer zu verwaltenden Einheit werden soll. Um die Datenmengen zwischen Edge-Devices und der Cloud effizienter zu bewältigen, kann eine Far-Edge-Ebene sinnvoll sein. Diese lokale Edge-Cloud integriert sich nahtlos in die bestehende Infrastruktur und bewahrt die Flexibilität des gesamten Systems.
Vor-Ort-Rechenzentren kombinieren die Stärken von Cloud und Edge. Sie können latenzarme Workloads nahe der Datenquelle verarbeiten und bleiben dank ihrer Cloud-Architektur flexibel skalierbar. Die genaue Ausgestaltung – von Private-Cloud-Lösungen bis hin zu Public-Cloud-Ansätzen in der Nähe – hängt vom jeweiligen Anwendungsfall ab. In der Automobilindustrie könnte eine Far-Edge-Lösung beispielsweise genutzt werden, um Daten aus vernetzten Fahrzeugen in Produktionsstätten oder an Ladeinfrastruktur-Standorten nahezu in Echtzeit zu verarbeiten. Edge-Cluster mit Kubernetes-Orchestrierung bieten zudem eine einfache Verwaltung und Skalierung der Ressourcen. Anbieter ermöglichen eine schnelle Implementierung durch Appliances oder Services.
Dezentralisierung als Erfolgsfaktor im IIoT
Die Dezentralisierung von IT-Ressourcen wirft die Frage auf, wie Unternehmen den zusätzlichen Managementaufwand bewältigen können. Aktuelle Cloud-to-Edge-IoT-Plattformen bieten hier Lösungen, um alle Ebenen – von der Micro Edge bis zur Cloud – zentral zu verwalten. Tools wie grafana-basierte Dashboards und automatisierte Workload-Verteilung sorgen dabei für eine optimierte Übersicht und Ressourcennutzung.
Die Dezentralisierung ist jedoch unverzichtbar, da die Zahl vernetzter Geräte stetig wächst. Moderne Anwendungen wie Predictive Maintenance, Machine Learning und KI-basierte Geschäftsmodelle sind ohne IoT und Edge Computing kaum realisierbar. Beispielsweise ermöglicht die Analyse von Echtzeit- und historischen Daten in einem Predictive-Maintenance-Szenario sowohl präzise Wartungsprognosen als auch die sofortige Erkennung von Störungen. In der Gesundheitsbranche könnten Edge-Systeme zum Einsatz kommen, um Diagnosedaten von Patienten vor Ort in Echtzeit zu analysieren und für KI-basierte Auswertungen an zentrale Cloud-Systeme weiterzuleiten.
Standardisierung und Co-Design für innovative Lösungen
Mit der Entwicklung hin zu lokalen Edge-Clouds stellt sich die Frage, welche Anbieter diese Anforderungen am besten erfüllen. Modelle wie die Local Zones von gridscale und OVHcloud adressieren regionale Bedürfnisse und ermöglichen flexible, skalierbare Lösungen. Hier könnten sich Marktanteile von globalen Hyperscalern zu europäischen Anbietern verschieben, die auf Individualisierung und Kundennähe setzen.
Einheitliche Standards und plattformübergreifende Integrationsmöglichkeiten werden dabei immer wichtiger. IoT-fähige Geräte aus Industrie und Maschinenbau bringen spezifische Anforderungen mit, die durch neue Partnerökosysteme harmonisiert werden müssen. Schnittstellen wie OPC UA und IIoT-Protokolle wie MQTT und CoAP bieten hier eine Basis für nahtlose Interoperabilität.
Fazit: Edge Computing als Treiber für Effizienz und Innovation im Mittelstand
Edge Computing ist essenziell für latenzarme, datenintensive Anwendungen im Industrial IoT. Während Micro Edges eine Vorverarbeitung ermöglichen, ergänzt die lokale Edge-Cloud die Infrastruktur mit skalierbaren Ressourcen. Diese Kombination bildet die Grundlage für innovative Geschäftsmodelle und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen – sei es in der produzierenden Industrie, der Logistik, der Energiebranche oder der Gesundheitsversorgung.