Erfolgreich aus der Kostenfalle

Bye-bye, VMware – Erste Unternehmen machen es vor

VMware
Bildquelle: Piotr Swat / Shutterstock.com

Seit der Übernahme durch Broadcom sind VMware-Kunden mit massiven Preissteigerungen konfrontiert. Doch nicht alle sind bereit, die bittere Pille zu schlucken.

Wie der Weg aus der Kostenfalle gelingt, macht etwa der österreichische Cloud-Anbieter Anexia vor, der kürzlich mehr als 12.000 virtuelle Maschinen von VMware auf die Open-Source-Technologie KVM (Kernel-based Virtual Machine) migriert hat.

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„Broadcoms Lizenzänderungen wären für uns existenzbedrohend gewesen“, sagte Anexia-CEO Alexander Windbichler gegenüber dem Magazin The Register. Anexia wurde 2006 in Österreich gegründet und hat sich seitdem als bedeutender Anbieter von Cloud-Diensten etabliert. Mit über 100 Standorten weltweit und namhaften Kunden wie TeamViewer und Lufthansa bietet das Unternehmen Hosting und umfangreiche IT-Dienstleistungen an. Die Mehrkosten für die VMware-Lizenzen einfach durchzureichen, wäre für Anexia nicht tragbar gewesen. Stattdessen entschied sich das Unternehmen für einen mutigen Strategiewechsel und stieß damit in der Kundenbasis auf großen Zuspruch.

VMware unter Broadcom: eine Kostenexplosion mit Folgen

Anexia ist kein Einzelfall. Laut einer Umfrage des Cloud-Anbieters Civo ziehen 51,9 Prozent der VMware-Kunden einen Abschied von VMware in Betracht, wobei 48,7 Prozent schon aktiv nach Alternativen suchen. Auch der britische Cloud-Anbieter Beeks migrierte vor Kurzem zu einer Open-Source-Alternative. Er betreibt mehr als 20.000 virtuelle Maschinen in 30 Rechenzentren und wollte die explodierenden Kosten nicht tragen.

Broadcom hat nach der Übernahme von VMware die Lizenzbestimmungen dramatisch verändert. Viele der bisher dauerhaft gültigen Lizenzen wurden gestrichen. Wer weiterhin auf seine VMware-Produkte zugreifen will, kann das nur noch im Abo-Modell. Diese Umstellung, die Broadcom euphemistisch als „dramatische Vereinfachung“ angekündigt hatte, sorgte bei Kunden für eine Verdopplung bis Verzehnfachung der Lizenzgebühren. Gleichzeitig zwingt das neue Modell zu langen Vertragsbindungen und Vorauszahlungen fürs ganze Jahr. Für Broadcom scheint die Rechnung trotz zahlreicher Kundenverlust dennoch aufzugehen: So verzeichnete VMware im vierten Quartal 2024 ein Umsatzwachstum von 196 Prozent und erzielte eine operative Marge von 70 Prozent, verglichen mit weniger als 30 Prozent vor der Übernahme.

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Cloud-Abo: die verlockende Falle

Der Fall VMware zeigt, wie gefährlich es ist, sich von einem einzelnen Anbieter abhängig zu machen. Denn selbst bei einer über viele Jahre hinweg bestehenden vertrauensvollen Geschäftsbeziehung kann plötzlich alles aus den Fugen geraten, wenn sich Organisationsstrukturen und Strategie ändern. Kunden in Abo-Modelle zu locken oder zu drängen ist aus Sicht der Anbieter ein konsequenter Schritt. Unter dem Deckmantel von mehr Flexibilität und Agilität können sie die Daumenschrauben weiter anziehen, ihre Konditionen jederzeit anpassen und Preise anheben. Denn wenn Kunden eine Software nicht mehr besitzen, sondern mieten, bleibt ihnen kaum eine andere Wahl, als die Änderungen zu akzeptieren. Wer nicht zahlt, wird ausgesperrt.

Aus gutem Grund verfolgen alle großen US-amerikanischen Software-Giganten heute eine Cloud-Strategie und spielen ihre Macht aus. Auch Microsoft-Kunden bekommen immer wieder schmerzhaft die Folgen einer aggressiven Lizenzpolitik zu spüren. Erst 2023 hatte der Redmonder Riese die Preise für seine Cloud-Dienste um 11 Prozent angehoben. Im November 2024 kündigte er weitere Anpassungen an und will unter anderem bei M365 auf ein monatliches Zahlungsmodell umstellen, was für Kunden de facto noch einmal fünf Prozent Kostensteigerung bedeutet.

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Risiken erkennen und gegensteuern

IT-Entscheider sollten sich der Risiken bewusst sein, bevor sie sich von den Werbeversprechen der Anbieter verführen lassen und blind in die Cloud migrieren. Denn eine kontinuierliche Preissteigerung ist dort gewiss. So erreichten zum Beispiel die Ausgaben für Software-Lizenzen der Bundesregierung im Jahr 2023 ein Rekord-Niveau von 1,2 Milliarden Euro, wovon ein Großteil auf M365 entfiel. 2022 lagen sie noch bei 771 Millionen Euro, was einer satten Zunahme um rund 57 Prozent entspricht.

Die Entscheidung des Bundes, verstärkt auf Cloud-Dienste wie M365 zu setzen, ist daher mehr als fragwürdig, zumal Microsoft auch immer wieder wegen Datenschutzbedenken und mangelnder Sicherheitsvorkehrungen in der Kritik steht. Erst vor Kurzem warnte die Gesellschaft für Informatik (GI) e.V. vor „unvertretbaren Risiken für die digitale Unabhängigkeit Deutschlands und den Schutz der Daten von Bürgerinnen und Bürgern“.

Viele Wege führen zur digitalen Souveränität

Keine Frage: sich aus der digitalen Abhängigkeit zu befreien, erfordert Mut und die Bereitschaft, über den Tellerrand hinauszublicken. Auch für Anexia war der Umstieg von VMware auf Open-Source-Technologie ein komplexes Projekt. Doch die Anstrengung hat sich gelohnt, denn ohne die VMware-Rechnungen steht das Unternehmen finanziell besser da und gewinnt an Handlungsspielraum. „Wir haben freies Budget, um an der Open-Source-Lösung zu arbeiten und uns für uns und unsere Kunden souverän zu machen“, sagt CEO Alexander Windbichler im Interview mit The Register.

Mit der Entscheidung für Open Source setzt Anexia ein starkes Zeichen und zeigt, dass es durchaus einen Weg aus der Abhängigkeitsspirale gibt. Eine andere effektive Strategie besteht darin, möglichst lange auf On-Premises Lizenzen zu setzen. Denn obwohl die großen Software-Anbieter gerne den Anschein erwecken, dass die Cloud alternativlos ist, bietet selbst Microsoft aufgrund der großen Nachfrage noch immer On-Premises-Produkte mit Perpetual Lizenzen an.

So steht mit Office LTSC 2024 zum Beispiel eine aktuelle Version der Office Software bereit, die komplett ohne Cloud-Anbindung auskommt. Es lohnt sich allerdings zu prüfen, welchen Funktionsumfang einer Software die Anwender im täglichen Praxiseinsatz tatsächlich benötigen. In vielen Fällen reicht eine ältere Version völlig aus, um den Bedarf zu decken. Solche Lizenzen sind auf dem Gebrauchtmarkt erheblich günstiger erhältlich, sodass Unternehmen Kosten sparen und ihr IT-Budget zusätzlich entlasten können.

Das Beste aus verschiedenen Welten durchdacht kombinieren

Am Ende geht es nicht darum, komplett auf Cloud Services zu verzichten, sondern gefährliche Abhängigkeiten zu vermeiden. Eine gesunde, hybride Mischung ist die beste Strategie: On Premises-Lizenzen, wo immer möglich – und Cloud Services, wo unbedingt nötig. Dabei sollten Unternehmen verschiedene Anbieter wählen, um Risiken besser zu streuen. Sowohl Open Source- als auch (gebrauchte) On Pemises Software sind tragende Bausteine für einen zukunftssicheren Mix, der die Machtstrukturen der großen Anbieter aufbricht. Wie wichtig das ist, zeigt sich nicht nur am Beispiel VMware und Microsoft. Es wird höchste Zeit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und einen Kurswechsel in der IT-Strategie vorzunehmen.

Andreas

E. Thyen

Präsident des Verwaltungsrats

LizenzDirekt AG

Andreas E. Thyen ist Präsident des Verwaltungsrats der LizenzDirekt AG und bereits seit über 20 Jahren in führenden Positionen auf dem Gebrauchtsoftware-Markt tätig. Schwerpunkt seiner Tätigkeit war insbesondere die Klärung rechtlicher Fragestellungen. Er ist zudem ausgewiesener Experte für den Einsatz von gebrauchten Software-Lizenzen im Behördenmarkt. (Bildquelle: Lizenzdirekt)
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