„Die Frage nach dem IT-Mehrwert ist wenig sinnvoll“

Pete MorrisRoePete MorrisRoe, Vorstand der Woodmark Consulting AG, über den Mehrwert der IT.

„Was bringt unsere IT überhaupt an Mehrwert?“ Täglich wer-den CIOs mit dieser Frage konfrontiert. In Krisenzeiten er-höht sich der Druck. Wer den „heiligen Gral“ Mehrwert nicht sofort herbeischafft, dem droht ein genereller Budget-Cut: Um 10 bis 20 Prozent werden die IT-Ausgaben gekürzt. Die genauen Konsequenzen einer solchen Entscheidung versteht kaum einer.

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Aber kann die IT überhaupt (strategischen) Mehrwert schaffen? Ich behaupte: Das kommt darauf an – was man unter IT versteht und wie man Mehrwert definiert!

Schauen wir uns zunächst mal die Haben-Seite des potenziellen Mehrwerts an, den Nutzen der IT. Wie will ein CIO diesen genau beziffern? Mittlerweile be-steht eine so komplexe Beziehung zwischen IT und Geschäftsprozessen, dass die Frage, was IT ist, schwer zu beantworten ist. Damit lässt sich auch der Nutzen, den die IT bringt, nicht mehr eindeutig zuweisen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich auf der Soll-Seite, bei den Kosten der IT. Was dazu zählt, kann ebenfalls unterschiedlich definiert werden. Hard- und Soft-ware, IT-Personal, externe Consultants, usw. sind klar. Aber wie sieht es mit dem Kollegen aus der Fachabteilung aus, der Zeit für die Implementierung und das Testing neuer Systeme zur Verfügung stellt? Seien wir ehrlich: Würden tatsächlich alle, mit IT-Systemen verbundenen Kosten erfasst, triebe dies die Soll-Seite so in die Höhe, dass die Gleichung „Mehrwert = Nutzen – Kosten“ immer fraglicher würde. 

Und selbst wenn man Kosten und Nutzen wirklich eindeutig abgrenzen könnte, ließen sich diese mit dem heutigen Finanz- und Berichtswesen kaum messen. Die Bilanzrichtlinien sind auf die Belange einer material- und kapitalintensiven Wirtschaft zugeschnitten. Nur als Beispiel: Der Wert einer Datenbank steht in den Geschäftsbüchern. Der Wert der darin enthaltenen Daten aber nicht.
 
Wie können CIOs mit dieser Situation umgehen?

Die Frage nach dem IT-Mehrwert eindeutig zu beantworten, ist derzeit nahezu unmöglich. Um mit den Fachabteilungen dennoch einen sinnvollen Dialog über Mehrwert, Kosten und Nutzen von IT führen zu können, ist es meiner Ansicht nach sinnvoll, die Business-IT-Alignment-Ansätze aus Best-Practice-Samm-lungen wie ITIL oder COBIT zu Rate zu ziehen (auch wenn sie noch nicht der Weisheit letzter Schluss sind). Sie tragen dazu bei, dass Entscheidungen über eine IT-Investition an der richtigen Stelle getroffen werden. Damit lastet die Verantwortung nicht mehr allein auf dem CIO, sondern wird gemeinsam ge-tragen.

Außerdem muss der CIO sein Haus in Ordnung bringen. Dazu gehört:

Der CIO muss den Schwerpunkt der Diskussion verlagern – weg von Technologien und deren Kosten hin zu Services. Sein Kunde, in der Re-gel die Fachabteilung, muss in letzter Instanz entscheiden, welche Services er haben will und wie viel er bereit ist, dafür zu bezahlen. Der Kunde muss aller-dings verstehen, worüber er entscheiden soll. Empfehlenswert sind hier „Ser-vice-Kataloge“, die mit verschiedenen Optionen aufbereitet sind. So kann der Servicenehmer selber entscheiden, welches Preis-Leistungs-Verhältnis am besten zu ihm passt. Kunden müssen auch Auswirkungen von Schwankungen auf das Preismodel verstehen. 20 Prozent Kostenreduzierung heißt dann mög-licherweise übersetzt: 20 Prozent Leistungskürzung bei diesem Service. Ver-gleichbar werden diese Service-Kataloge damit auch mit den Angeboten von Outsourcing-Dienstleistern. CIOs können sich hier selbst als „Kostendrücker“ positionieren, indem sie vergleichbare Outsourcing-Angebote einholen.

Ein CIO muss permanent Transparenz über seine Finanzen haben, um klar sagen zu können, wo genau die Kosten für jene Services entste-hen. Er muss die genauen Kosten der Einzelkomponenten eines Service dar-stellen (Weiterentwicklung, Support, Lizenzkosten usw) und die Beziehung  zwischen Primär- und Sekundärkosten zeigen können. IT-Kosten müssen auf Basis von Services und nicht nur auf Basis allgemeiner Kostenstellen darge-stellt werden. Das ist nicht immer einfach und setzt z.B. einen gut ausgedach-ten Kontierungsprozess für externe Dienstleistungen oder ein Zeiterfassungs-system voraus. Es setzt auch die Fähigkeit voraus, Kosten von einzelnen Ser-vices (z.B. eingekaufte Hosting Leistungen)  auf andere Services zu verrech-nen – entweder in Summe oder über Verrechnungs-Treiber bzw. Schlüssel.

Der CIO muss die gewonnene Transparenz einsetzen, um ein dauer-haftes Kostenmanagement zu betreiben. Auf der „Supply Side“ ist zum Beispiel ein Sourcing Management möglich. Auf der „Demand Side“ gilt es, ein knallhartes und ehrliches Anforderungs- und Projekt-Portfolio Management auf-zusetzen. Auch wenn es bisweilen politisch ist, der CIO muss versuchen, „un-geschönte“ Business Case zu erstellen und  alle Kosten darzustellen, inklusive der oben erwähnten „intangible costs“. Die Kosten während des gesamten „Life Cycles“ müssen berücksichtigt werden.

Fazit: Derzeit ist die Frage nach dem IT-Mehrwert aus meiner Sicht wenig sinnvoll. Dennoch wird sie gestellt – und der CIO muss unbedingt – wie hier dargestellt – pro-aktiv agieren, um nicht überrollt zu werden.

Pete MorrisRoe ist Vorstand der Woodmark Consulting AG in München.

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