Die Multi-Provider-Strategie von Lufthansa: Herausforderung Globalität

Aufgrund der Globalisierung stehen Unternehmen immer mehr vor der Herausforderung, im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Die geeignete Standortwahl verschiedener Produktionsstätten ist hierbei unerlässlich. Häufig fällt die Wahl auf Länder, in denen die Produktionskosten geringer sind.

Während die Aktivitäten also von der Zentrale aus gesteuert werden, agieren Unternehmensteile in verschiedenen Ländern rund um die Erde: Das Unter-nehmen ist global vernetzt. Globalität birgt allerdings eine weitere Herausforderung: Der Kommunikations- und Informationsfluss unter den einzelnen Standorten muss reibungslos funktionieren. Die verschiedenen Standorte tauschen über weite Strecken hinweg Informationen aus. Je enger die Verknüpfung des unternehmerischen Netzwerks ist, desto besser gelingt eine grenzüberschreitende Koordination der Aktivitäten. Diese internationale Geschäftstätigkeit erfordert nicht nur den Einsatz neuer Transporttechniken in der Infrastruktur, sondern auch neue Informations- und Kommunikationstechnologien mit hochverfügbaren und sicheren Netzwerkstrukturen. Denn diese Voraussetzungen haben sich für international agierende Unternehmen zu einem geschäftskritischen Erfolgsfak-tor entwickelt.

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Hohe IT-Kosten für den Netzbetrieb

Die Optimierung von Telekommunikationskosten wird innerhalb der IT-Strategie gerne vernachlässigt. Das Ziel einer kostenoptimierten Beschaffung von Telekommunikationsdienstleistungen steht letztendlich nur bei der Aus-schreibung und Neuvergabe im Mittelpunkt – beispielsweise nach Ablauf besteh-ender Verträge. Jedoch ist die Nachhaltigkeit der getroffenen Entscheidung häufig nicht zu gewährleisten. Vor allem technologische Aspekte bei den heute üblicherweise eingesetzten MPLSNetzen mit ihren Anforderungen einerAny-to-Any-Verfügbarkeit und CoS (Class of Service) schränken die Möglichkeiten des Kunden ein, gegenüber dem Provider seine Anforderungen zu adressieren.
Die spezifischen Anforderungen eines MPLS-WAN-Netzwerkes, so wie es die Provider als Lösung bereitstellen, zwingen den Kunden dazu, bei Netzwerk-änderungen Leistungen und Konditionen zu den Bedingungen des Providers zu akzeptieren, bei dem er das Gesamtnetzwerk beauftragt hat. Letztendlich ermöglicht es die Technik dem Provider, während der Vertragslaufzeit den weltweitfeststellbaren Preisverfall von Telekommunikationskosten auszusetzen und über die Netzwerkänderungen überdurchschnittliche Margen zu erwirtschaf-ten. Mit anderen Worten: Die technologischen Anforderungen an ein MPLS-Netzwerk erlauben es dem Provider, sein Netzwerk gegen andere Provider-netze abzuschotten, was im Ergebnis dem Kunden jegliche Flexibilität nimmt.
Erschwerend kommt hinzu, dass es heute kaum ein Unternehmen wirtschaftlich vertreten kann, für Daten und Sprache unterschiedliche Netzwerke aufzu-bauen. Die Zahl der Unternehmen, die ihre Telefonanlage mit dem Computer koppeln und so die Vorteile eines integrierten Netzwerks mit Voice over IP (VoIP) nutzen, wächst beständig. Damit steigen die Anforderungen von Unter-nehmen an ihre Netzwerke bzw. ihre IT-Dienstleister. Der Bedarf an Band-breite wächst stetig, ausgelöst durch die zunehmend multimedialen Anwen-dungen bis hin zu Videokonferenzen. Hinzu kommt, dass heute kaum ein Geschäftsprozess ohne dieUnterstützung moderner Informationstechnologie funktioniert. Nicht zu vernachlässigen sind die Prozess- und Administrations-kosten, die beim Betrieb von weltweiten Netzen entstehen. Vor dem Hinter-grund ständiger Kostensenkungen, gerade im Bereich der Informationstech-nologie, ist der Betrieb eines eigenen weltweiten Netzwerkes nicht effizient. Zumal ein unternehmensweites Netz möglicherweise nicht kontinuierlich ausgelastetist. Auch nutzen Firmen meist regionale Provider und erzeugen somit weitere unnötige IT-Kosten, anstatt sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

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Lufthansa Systems hat einen Ansatz entwickelt, der es den Kunden erlaubt, ein sicheres, leistungsfähiges und vor allem auf die kundenspezifischen Geschäfts-prozesse abgestimmtes Netzwerk zu beziehen. Dies eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit zu einer nachhaltigen Optimierung der Telekommunikations-kosten. Dieses Konzept besteht im Wesentlichen aus der Kombination der Vorteile eines Multi-Provider-Ansatzes als Beschaffungsstrategie von Tele-kommunikationsdienstleistungen auf der einen Seite und der Nutzbarmachung von technologischen Innovationen auf der anderen Seite. Die Kernidee hierbei ist, regionale Stärken der Anbieter zu nutzen. Also zum Beispiel Netzleistungen für Kunden in Amerika direkt bei US-Providern zu beziehen, anstatt diese Leistungen bei europäischen Providern zu bestellen. Dieser Ansatz nutzt bei einem weltumspannenden WAN-Netzwerk die Stärken hinsichtlich Preis und Leistung der einzelnen Provider. Gleichzeitig ermöglicht dies den kosten-günstigen Einkauf von Leistungen, da die Provider aufgrund der fortlaufenden Konkurrenz gezwungen sind, bei jeder einzelnen Anforderung jeweils zu markt-gerechten Preisen anzubieten. Zudem können sich die Provider auf ihre Kern-kompetenzen konzentrieren und müssen nicht, um die Kundenanforderungen hinsichtlich der Coverage vollständig zu erfüllen, in den für sie schwierigen Regionen Leistungen hinzukaufen.
Lufthansa Systems setzt auf mehrere international agierende Provider, um die kundenspezifischen Anforderungen umzusetzen. Einzelne Leistungen über-nimmt dabei der jeweils leistungsstärkste Anbieter. Oder anders formuliert: Die Schwächen eines Providers bei der Bereitstellung eines globalen Netz-werkes werden durch die Stärken eines anderen Providers ersetzt. Um diesen Multi-Provider-Ansatz mit samt seinen Vorteilen auch in einem Kundennetz-werk umzusetzen, bedarf es technologischer Lösungen in Form des Peerings. Dadurch lassen sich verschiedene Providernetzwerke physikalisch koppeln, ohne dass die Endkunden auf die technologischen Eigenschaften eines MPLS-Netzwerkes wie Any-to-Any oder CoS verzichten müssen.

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Virtuelle Netzwerkprovider

Für die Endkunden agiert der IT-Dienstleister als ein virtueller Netzwerk-provider, der durch den Einsatz von technischen Lösungen zugleich ein einheit-liches MPLS-Netzwerk bereitstellt. Der Kunde profitiert von den Vorteilen einer Multi-Provider-Strategie und greift dadurch indirekt auf die jeweils bestmög-liche Qualität und regional marktgerechte Preise zurück. Gleichzeitig erspart er sich erheblichen administrativen und betrieblichen Aufwand zur Steuerung ver-schiedener Provider.
Warum ein IT-Dienstleister im Gegensatz zu den Netzwerkprovidern auf Lösungen wie das Peering zurückgreift, ergibt sich aus dem Geschäftsmodell. Denn anders als ein Provider für Telekommunikation ist ein IT Dienstleister nicht primär daran interessiert, Netzwerke mit möglichst hoher Bandbreite zu verkaufen. Der Mehrwert besteht darin, den Kunden leistungsstarke Netzwerke entsprechend ihrer spezifischen Anforderungen bereitzustellen und ihnen gleichzeitig dabei zu helfen, Kosten nachhaltig zu optimieren. Das Geschäfts-modell versetztden Kunden also in die Lage, wirtschaftliche und technische Optimierungen vorzunehmen und an diesen Erfolgen der IT-Dienstleister anteil-ig zu partizipieren.

Netzwerke wirtschaftlich betreiben

Flexibel sein und flexibel zu reagieren ist in der heutigen Zeit ein absolutes Muss. Daher ist es von elementarer Bedeutung, dass gerade ein Netzwerk diese Eigenschaft aufweist. Im Kleinen bedeutet dies eine schnelle Anpassung von Bandbreiten und Traffic-Priorisierung. Im Großen den unkomplizierten Austausch von Netzprovidern und Teilnetzen. Ein ausgereiftes und profes-sionelles Netzwerkmanagement liefert bestmögliche Qualität und hohe Verfüg-barkeit, bewältigt eine enorme Datenflut und bewahrt gleichzeitig die Aspekte der Wirtschaftlichkeit, einen niedrigen Verwaltungsaufwand und Flexibilität. Der Multi-Provider-Ansatz identifiziert weltweit alle agierenden Provider und überprüft sie anhand verschiedener Parameter. Selbst in der kleinsten oder einer weit entfernten Region ist es dadurch möglich, Netzwerke effizient zu verbinden. Dabei kommt der Peer-to- Peer-Ansatz zum Einsatz: Weltweit macht das System die regional starkenProvider ausfindig, führt sie durch den Peer-to-Peer-Ansatz funktional und technologisch zusammen und etabliert einen End-to-End-Service.

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Aus der Zusammenführung der unterschiedlichen Netzwerke, innovativer Lösungen und Technologien der verschiedenen Provider entsteht ein virtuelles Netz. Die regelmäßigen Benchmarks bei den Providern und kontinuierliche Ausschreibungen führen zu einem fortlaufenden Wettbewerb und damit zur Auswahl der besten regionalen Netzpartner. Bevor es zum Abschluss von Rahmenverträgen mit einem Provider kommt, erfolgt eine genaue Marktbeo-bachtung und Marktstudie, um eine gezielte Providerauswahl zu treffen. Die Unabhängigkeit im Einkauf bedeutet für die Kunden des IT-Dienstleisters einen ständig optimierten Zugriff auf die besten Lösungen, ein hohes Maß an Flexi-bilität und das bestmögliche Preis-Leistungs-Verhältnis. Auch kann ein IT-Dienstleister die Nachfrage seiner Kunden bündeln und erzielt damit sowohl Synergieeffekte als auch ein günstiges Einkaufsvolumen bei den weltweiten Providern. Auch während der Vertragslaufzeit profitiert der Kunde von den Vorteilen der Multi-Provider-Strategie, denn die herkömmliche Providerleistung wird genau geprüft, die Komplexität reduziert und durch gezieltes Management zu einem optimalen Leistungsportfolio kombiniert.
Da es sich hier nicht um starre Strukturen handelt, sondern um ein flexibles Gerüst, finden permanente Optimierungen statt – beispielsweise um neue Kunden oder neue Prozesse aufzunehmen oder aber innovative Lösungen um-zusetzen. Dieses Konstrukt ermöglicht Wachstum, ohne Qualität einzubüßen. Die Provider, die an der Zusammenarbeit beteiligt sind, wissen, worauf sie sich technisch und wirtschaftlich einstellen müssen und können somit in ihrem ei-genen Produktportfolio passende, innovative Produkte anbieten. Die technische und wirtschaftliche Vorausplanung wird für beide Partner transparenter. Die Bereitstellung von Teilnetzen bietet den lokalen Providern außerdem den Vor-teil, dass sie keine eigenen Netzwerke in weit entfernten Regionen oder Län-dern aufbauen und unterhalten müssen. Somit können die Provider regionale Besonderheiten gezielt herausarbeiten und bedienen. Sie integrieren neue Kunden einfach in das bestehende Netzwerk, die umgehend von den Individual-Leistungen profitieren. So ergibt sich eine Win-Win-Situation für alle Beteilig-ten.

Ulf-Carsten Geiser

Diesen Artikel finden Sie auch in der 12/2007 Ausgabe des it management.

 

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