Composite Business Services: Vielfältige Kombinationen garantiert

Betrachtet man heute die Wirtschaft, stellt man fest, dass Unternehmen sich mehr denn je in einem sehr dynamischen und komplexen Umfeld behaupten müssen. Die Globalisierung und Industrialisierung haben im Wesentlichen alle Branchen erreicht.

Um sich erfolgreich am Markt zu positionieren, reicht es für Unternehmen nicht mehr alleine aus, die Kostenführerschaft zu übernehmen. Gefragt sind innova-tive Geschäftsmodelle, qualitativ hochwertige und gleichzeitig effiziente Ge-schäftsprozesse.

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Beim heutigen Durchdringungsgrad der IT stellt sich die Frage, was auf IT-Seite getan werden kann und muss, um nicht als „Roadblock“ für die notwendi-gen Veränderungen angesehen zu werden. Die IT muss flexibel auf sich stän-dig ändernde Anforderungen reagieren können. IT-Systeme, die nicht als stra-tegisch angesehen werden, werden entweder durch Standardsoftware ersetzt oder an einen Partner abgegeben. Daher sind im Wesentlichen eigenentwickel-te Anwendungen in einer IT-Anwendungslandschaft der differenzierende Faktor zum Wettbewerb. Geht man auf die Geschäftsprozessebene zurück, so ist ty-pischerweise ein Mix von selbst entwickelten Lösungen und Standardsoftware im Einsatz.

Serviceorientierte Architektur

Das serviceorientierte Architekturparadigma (SOA) hat sich zumindest auf Her-stellerseite durchgesetzt. Eines der Kernversprechen von SOA ist es, flexibel und dynamisch eigene und fremde IT-Assets in einer geschäftsprozessorien-tierten Sichtweise zu betrachten und zu integrieren. Der klassische Anwen-dungsbegriff löst sich mit der Einführung einer SOA auf. Monolithische Anwen-dungen, die die Geschäftsprozesse vorgeben – und nicht andersherum – wird es zwar aufmittlere Sicht weiterhin geben, mit jeder Öffnung und Komponenti-sierung von Anwendungen wird der Anwendungsbegriff jedoch langsam unbe-deutender.

Composite Business Services

Welche Rolle spielen nun „Composite Business Services“ (CBS) in diesem Zu-sammenhang? CBS sind die Bindeglieder zwischen Geschäftsprozessen und IT-Assets. Sie stellen aus Geschäftssicht die Dienste der IT auf einer begreifbaren Ebene dar und sind aus IT-Sicht die Integration verschiedener IT-Komponen-ten zu einem neuen Ganzen. Der Wert von CBS ist mit dem von Fertighäusern vergleichbar: aufgrund ihrer Modularisierung und Standardisierung können Fertighäuser schneller und preisgünstiger errichtet werden. Auch nachträgliche Änderungen sind dadurch viel einfacher möglich. Bild 1 zeigt die Positionierung von CBS.

Ein Ausflug in die Web 2.0-Welt verdeutlicht den Ansatz. Sieht man sich die der-zeit boomenden Mashup-Anwendungen an, so ist schnell klar, dass der Spruch „Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile“ durchaus Gültigkeit hat. Es entstehen mit rasanter Geschwindigkeit neue Lösungen. Einzeln betrachtet sind diese mit Sicherheit gute Lösungen, erst deren Zusammenspiel stellt je-doch den Mehrwert für den Anwender dar.

Zurück zum Thema CBS. Ja, Integration ist grundsätzlich kein neues Thema für die IT. CBS stellen einen evolutionären Ansatz dar, bestehende Anwendun-gen schnell zu neuen Lösungen zu kombinieren. Grundlage dafür sind industrie-weit anerkannte, und was viel wichtiger ist, auch nutzbare und funktionierende Standards. Im SOA-Umfeld hat sich hier in den letzten Jahren bedeutsam et-was getan. Erstmals haben sich die Player wirklich auf interoperable Web Ser-vices Standards einigen können. Darauf setzen CBS auf und reichern diese durch branchenspezifische Standards und Formate an. CBS sind die Sprache, mit der die IT und die Geschäftsseite zusammenkommen und sind die Ser-vices, die in einem Unternehmen typischerweise der Governance unterliegen sollten.

Die Analysten sind sich einig: zusammengesetzte Applikationen (engl. „Com-posite Applications“) sind ein Konzept, welches sich breit am Markt durchsetzen wird. Auf sprachlicher Ebene gibt es noch Differenzen zwischen den Herstellern und Analysten. SAP spricht in diesem Zusammenhang von „Composite Appli-cations“, Gartner von Serviceorientierten Business Applications („SOBAs“) und Forrester von „Dynamic Applications“. Gemeint ist aber im Kern immer das selbe: die dynamische Komposition neuer Anwendungen auf Basis bestehender eigener oder fremder IT-Assets, typischerweise auch im Zusammenhang mit Software as a Service („SaaS“) Ansätzen genannt.

Im Folgenden wird das Thema aus IBM-Sicht näher definiert und anhand eines Praxisbeispiels der Nutzen demonstriert.

CBS aus Sicht der IBM

Composite Business Services (CBS) sind nach Definition der IBM dynamische, serviceorientierte Applikationen, eine Ansammlung zusammengehöriger und integrierter, standardbasierter Business Services, die eine industriespezifische Lösung für ein Businessproblem bereitstellen und einen Geschäftsprozess auf Basis von SOA unterstützen. Der Fokus liegt dabei auf einer größtmöglichen Wiederverwendung bestehender IT-Assets wie Legacy-Systemen, Individual-software, Standardsoftware oder externen Services und der Möglichkeit der Bereitstellung der Lösung über verschiedene Kommunikationskanäle.

In den Anfängen von SOA wurden Business-Applikationen für bestimmte Benut-zergruppen durch die Kombination und Wiederverwendung verschiedener (Web) Services erstellt. Diese Art serviceorientierter Applikationen war charak-terisiert durch eine enge Kopplung von Anwendungen, Services und bestehen-den Funktionen und die Änderung von Regeln und Policies war mit hohem Auf-wand und Kosten verbunden. CBS dagegen werden auf Basis von Business Services erstellt, die Governance und Management in einem Repository unter-liegen und flexibel miteinander kombiniert werden können. Regeln und Policies lassen sich auf diese Weise einfach ändern, konsistent anwenden und können zur Laufzeit herangezogen werden, um beispielsweise Routing-Entscheidungen für verschiedene Implementierungen desselben Business Services zu treffen, ohne jede Anwendung selbst ändern zu müssen.

Durch CBS, die auf einer geeigneten Plattform deployt sind, ist man in der La-ge zu kontrollieren, welche Benutzergruppen und Anwendungen auf die Servi-ces zugreifen, welche Regeln für welche Services und Benutzergruppen akti-viert sind und welche Auswirkungen Änderungen dieser Regeln haben.

Business Services sind die elementaren „Building Blocks“ von CBS. Sie

° sind eigenständige Geschäftsfunktionen, deren Verhalten basierend auf Ge-schäftsregeln und Benutzerkontext modifiziert werden kann,

° führen Informationen auf Geschäftsebene (die Aspekte „Wer“, „Was“ und „Wie“) in wiederwendbaren Bausteinen zusammen, die einfach auffindbar und änderbar sind und

° tragen zurWiederherstellung der benötigten IT-Flexibilität und des vielzitierten Business-IT-Alignment bei.

Elementar ist die flexible Konfigurationsmöglichkeit der Aspekte

° „Wer“, das heißt Abonnenten und rollenbasierte Benutzer

° „Was“, das heißt IT-Ressourcen oder Funktionen

° „Wie“, das heißt Geschäftsprozesse, Kontrakte, Policies, Regeln und Bereit-stellungsarten.

Dadurch lassen sich CBS schnell und flexibel an geänderte Anforderungen anpassen.

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Praxisbeispiel

Die charakteristischen Eigenschaften von CBS benötigen zur Entwicklungs- und Laufzeit eine geeignete Plattform (siehe Tabelle).

Die IBM WebSphere Business Services Fabric (WBSF) ist eine

° End-to-End-SOA-Plattform für Composite Business Services, die die genann-ten Anforderungen erfüllt

° Unterstützt die Modellierung, Erstellung, Deployment, Management und Gover-nance von Business Services

° Ermöglicht die dynamische, regelbasierte Kombination von Business Services während des Lösungsentwurfs als auch zur Laufzeit

° Enthält optionale “Industry Content Packs” mit industriespezifischen Referenz-modellen, Geschäftsobjektmodellen sowie Prozessmodellen und vorgefertigten SOA-Assets wie Servicebeschreibungen (Schnittstellen) und -implementierun-gen. Diese bislang für die vier Industrien Versicherungen, Banken, Gesund-heitswesen und Telekommunikation erhältlichen Industry Packs dienen als Akzeleratoren für die Erstellung neuer CBS auf Basis und unter Verwendung bereits vorhandener Systeme.

° Beinhaltet WebSphere Process Server und WebSphere Integration Developer für die Unterstützung zur Laufzeit und Entwicklungszeit.

Zusätzlich zur Bereitstellung dieser Plattform unterstützt IBM die Erstellung und Verwendung von CBS durch eine integrierte Vorgehensweise, die integraler Be-standteil von IBMs SOA-Methode Service-Oriented Modeling and Architecture (SOMA) ist. SOMA unterstützt sowohl die Verwendung bestehender CBS in neu-en Lösungen, als auch die Erstellung neuer CBS.

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Zur Unterstützung der Arbeitsabläufe bei der Schadensabwicklung eines gro-ßen Allspartenversicherers hat die IBM beispielsweise eine CBS-basierte Lö-sung entwickelt, umanstehende Aufgaben im Prozess flexibel Sachbearbeitern mit verschiedenen Aufgaben, aus mehreren Geschäftsbereichen, in mehreren Lokationen zuzuweisen. Basierend auf speziellen als Policies implementierten Algorithmen kann die Arbeit auf diese Weise besser verteilt werden. Die Opti-mierung der Verteilung anstehender Aufgaben auf die Sachbearbeiter sowie das auf den Aufgaben eines jeden Sachbearbeiters basierte Routing führen zu einer verbesserten Auslastung der Mitarbeiter und schnellerer Bearbeitung der Schadensmeldungen. Dadurch werden im Front- wie Back-Office potentiell weniger Mitarbeiter benötigt und die Basis für ein multikanal- und fähigkeitsba-siertes Routing sowie Aufgabenzuordnung geschaffen.

Die Lösung adressiert die folgenden Bereiche:

° Prozessautomatisierung: Integration automatisierter Aktivitäten und durch Menschen durchgeführter Tätigkeiten (Human Tasks), durchgängiges Monito-ring und Informationsaustausch über die Transaktionen zwischen den Interak-tionen der Sachbearbeiter mit den Systemen.

° Spezialisierung: Regelbasiertes Routing von Human Tasks zu spezialisierten Sachbearbeitern und Aufgabenzuordnung je nach Fähigkeit und Verfügbarkeit.

° Prozessbereitstellung: Virtualisierung des Geschäfts mit dynamischer Auswahl automatisierter oder manueller Verarbeitung sowie Priorisierung und Planung zu erledigender Aktivitäten.

Die CBS-Lösung ermöglicht der Versicherung die effiziente und effektive Scha-densbearbeitung unabhängig vom Eingangskanal (Post, Fax, Email, Internet, GDV). Je nachKomplexität läuft dieVerarbeitung vollständig automatisiert be-ziehungsweise unter Zuhilfenahme des Routings einzelner Aufgaben zu spezi-alisierten Sachbearbeitern ab. Die Lösung integriert dabei neu bereitgestellte Dienste im Bereich Aufgabenzuordnung und -verarbeitung mit im Unternehmen existierenden Systemen wie Datenbanken, LDAP-Server und Versicherungsin-formationssystemen auf Basis technisch und fachlich standardisierter Schnitt-stellen.

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Fazit

CBS stellen einen wesentlichen Bestandteil einer flexibleren IT dar und sind ein Enabler des vielzitierten Business-ITAlignment. Sie können ein Unternehmen schrittweise auf dem Weg zu einem Serviceoriented Enterprise begleiten. An-ders als herkömmliche Standardsoftware erzwingen sie keine Änderungen von Organisation und Prozessen, sondern passen sich imGegenteil durch die Einbe-ziehung bestehender IT-Systeme in Kombination mit neuer Funktionalität pro-blemlos in die vorhandene und gewachsene Anwendungslandschaft ein. Die da-mit einhergehende Flexibilisierung der IT erlaubt dem Unternehmen, in Zukunft schneller und kostengünstiger auf geänderte geschäftliche Anforderungen rea-gieren zu können.

Bernhard Meyer-Willner,
Steffen Fischer

Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 6-08 des it management.

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