Künstliche Intelligenz (KI) soll zunächst im S-Bahnverkehr der Deutschen Bahn für reibungslosere Abläufe und pünktlichere Züge sorgen. Ein Pilotprojekt bei der S-Bahn Stuttgart will der Konzern nun auf die S-Bahnen Rhein-Main und München ausweiten, wie Digitalvorständin Daniela Gerd tom Markotten am Sonntag mitteilte.
«Wir sind mit der KI in der Lage, vorausschauend einzugreifen, wenn wir sehen, dass sich Verzögerungen im Betriebsablauf anbahnen.»
Die Disponenten in den Leitstellen könnten mit Hilfe der Algorithmen schneller entscheiden, welche Züge wann zuerst in den Bahnhof einfahren sollten. In Stuttgart etwa könnten auf diese Weise Verspätungen von bis zu acht Minuten ausgeglichen werden, betonte die Vorständin. Die KI simuliere zudem auf Basis des Live-Betriebs laufend die Entwicklung der Verkehrslage und melde Konflikte frühzeitig.
«Im Ergebnis fließt der Verkehr besser: Züge müssen seltener ihre Geschwindigkeit reduzieren oder warten, wenn ein anderer Zug einen Streckenabschnitt blockiert», teilte die Bahn weiter mit. «Umgerechnet auf das Beispiel der S-Bahn Stuttgart wären 17 Züge pro Tag und Richtung mehr auf der Stammstrecke möglich.» Mittelfristig soll die Technik aber nicht auf S-Bahnen beschränkt bleiben.
Der Einsatz künstlicher Intelligenz für mehr Kapazitäten im Bahnbetrieb ist laut Gerd tom Markotten einer von drei Schwerpunkten, die ihre Abteilung in diesem Jahr setzen will. Die ehemalige Daimler-Managerin hatte im September im Konzern das Vorstandsressort für Digitales und Technik übernommen.
Funkdurchlässige Scheiben
In dieser Funktion will sie auch das Thema Handy- und Internetempfang im Zug vorantreiben. «Es ist unser Anspruch, dass unsere Kundinnen und Kunden auf allen Strecken unterbrechungsfrei und mit ausreichend hoher Bandbreite unterwegs sein können.» Nach wie vor ist der Mobilfunkempfang im Fernverkehr häufig unterbrochen, auch weil die Infrastruktur entlang der Strecken fehlt.
Gerd tom Markotten verwies auf funkdurchlässige Scheiben, mit denen neue Fernzüge standardmäßig ausgestattet sind und die das Signal besser ins Innere der Wagen leiten können. Zudem peile der Konzern gemeinsam mit der Telekom an, bis 2024 rund 7800 Gleiskilometer mit Download-Geschwindigkeiten von 200 Mbit pro Sekunde auszustatten.
Bei der Instandhaltung wiederum sollen Sensoren an Zügen und an der Strecke die Wartungszyklen effizienter gestalten und vor allem die Aufenthaltsdauer der Fahrzeuge in den Werken verkürzen.
Bund und Bahnbranche wollen bis 2035 das gesamte Schienennetz in Deutschland digitalisieren. Dazu gehört vor allem die Umrüstung der oft noch per Hand betriebenen Stellwerke auf digitale Technik und den Ausbau der Leit- und Sicherungstechnik ETCS. Fachleute fordern bei all diesen Themen deutlich mehr Tempo. «Wir sind uns einig, dass wir mehr und schnellere Digitalisierung brauchen», betonte Gerd tom Markotten. Wichtig sei vor allem das Ineinandergreifen aller digitalen Komponenten.
dpa