Software-Roboter (Teil 2/2)

RPA richtig einsetzen

Software-Roboter sind die Lösung – oder etwa doch nicht? Im 1. Teil dieser Serie erfuhren Sie, was RPA verspricht und wo die Probleme in Verbindung mit RPA liegen. Im 2. Teil geht es um den richtigen Einsatz von Robotic Process Automation.

RPA als Teil einer Gesamtstrategie muss nicht unbedingt etwas Schlechtes sein. So kann eine RPA-Lösung auch aus taktischen Gründen in ein bald zu ersetzendes System implementiert werden, um kurzfristig Effizienzsteigerung oder andere Vorteile zu realisieren.

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Wie fast jede im Gartner Hype Cycle analysierte Technologie ist auch RPA kein Allheilmittel. Sie ist vielmehr ein Hilfsmittel, das unter den richtigen Umständen dabei helfen kann, die Vorteile und Einschränkungen von RPA besser zu verstehen. Im Folgenden haben wir einige Leitlinien zusammengefasst, die dabei helfen sollen, von RPA zu profitieren:

Die perfekte Formel für den richtigen Einsatz von RPA

  1. Verwenden Sie nach Möglichkeit eine zugrunde liegende API. Wenn Sie eine bestimmte Anwendung mittels RPA automatisieren möchten, erkundigen Sie sich vorab beim Anwendungswartungsteam, ob eine Nicht-GUI-Schnittstelle erstellt werden könnte und wie hoch die Kosten dafür wären. In den meisten Anwendungen steuert die GUI-Schicht eine zugrunde liegende Geschäftslogikschicht, und es könnte weniger aufwendig sein, als Sie denken, diese Geschäftslogik direkt bereitzustellen. Sie können trotzdem eine RPA-Lösung einsetzen, um zwischen den Anwendungen hin und her zu wechseln. Durch Umgehen der Schnittstelle gewinnt Ihr System aber an Stabilität und Geschwindigkeit. Einige Unternehmen setzen RPA als Vorstufe zur Implementierung einer API ein – durch die Arbeit mit einer RPAbasierten Schnittstelle machen sie sich mit den Funktionen vertraut, die sie benötigen, wenn sie die RPA letztlich durch eine API ersetzen.
     
  2. Fangen Sie klein an – versuchen Sie nicht sofort, die ganze Welt zu automatisieren. Viele Unternehmen versuchen, komplexe, langwierige Prozesse zu bewältigen, und stoßen schnell auf Probleme. Zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf und folgen Sie ihrem eigenen Tempo, indem Sie zunächst klein anfangen – selbst ein einfacher Prozess, der effektiv von einem Roboter gesteuert wird, kann mit der Zeit zu enormen Vorteilen führen.
     
  3. Ermitteln Sie anhand der „Regel der Fünf“ Automatisierungsmöglichkeiten in Prozessen, die sich nicht sehr schnell entwickeln, die nicht besonders komplex sind und in die Menschen viel Arbeit investieren, die aber nur einen sehr geringen Mehrwert schaffen. Der Forrester-Autor Craig Le Clair prägte den Begriff „Regel der Fünf“ – maximal fünf Anwendungen, zwischen denen man hin und her wechselt, maximal fünf Entscheidungen während des Prozesses und maximal fünfhundert benötigte Klicks.
     
  4. Erweitern Sie Ihre RPA-Lösung und verwenden Sie dabei Einsatzanalysen („where used“) oder RPA-Monitoring-Analysen. So können Sie genau erkennen, welche Bots auf welche ITAnwendungsschnittstellen, APIs und Infrastrukturkomponenten zugreifen, sodass Sie immer nachvollziehen können, welche Bots nach dem Anpassen einer IT-Komponente geändert werden müssen.
     
  5. Setzen Sie RPA als Lösungskonzept in Ihrem Toolkit zur Modernisierung Ihrer Altsysteme ein, und stellen Sie sicher, dass in Ihrer strategischen Roadmap alle von Ihnen geplanten Modernisierungsansätze berücksichtigt werden. Es ist oftmals wenig sinnvoll, RPA zur Automatisierung eines Prozesses zu verwenden, der in sechs Monaten ohnehin abgeschafft und durch einen völlig neuen Prozess oder ein System ersetzt wird.
     
  6. Seien Sie bei Ihren Schätzungen hinsichtlich der Kosteneinsparungen durch einen neuen RPA-Ansatz vorsichtig, insbesondere wenn Sie bisher noch keine Anwendung beziehungsweise keinen Anwendungsbereich automatisiert haben. Wie wir bereits erwähnt haben, erfordern viele RPA-Implementierungen einen höheren Arbeitsaufwand und mehr laufende Unterstützung als ursprünglich angenommen.
     
  7. Gehen Sie von einem höheren Testbedarf für Ihre Anwendungen aus. Durch Implementieren einer RPA-Lösung zum Betreiben von GUI-Anwendungen werden diese miteinander verknüpft. Das ist nicht notwendigerweise eine schlechte Sache – durch Verknüpfungen können die verschiedensten Aufgaben erledigt werden –, aber zu starke oder unerwünschte Verbindungen können problematisch sein. Wenn Sie für den Betrieb einer GUI-Anwendung RPA einsetzen, stellen Sie sicher, dass dem Team, das die Anwendung unterstützt, der neue „Roboterbenutzer“ in der Software bekannt ist. Sorgen Sie außerdem dafür, dass Robotertests Teil des Softwarefreigabeprozesses sind.
     
  8. Fahren Sie mit der Neugestaltung Ihrer Geschäftsprozesse fort und nutzen Sie RPA als Überbrückungsmaßnahme. Der selbstverständliche Umgang von Kunden und Mitarbeitern mit Digitalisierung trägt langfristig zu einem gesünderen Unternehmen bei. Unzureichende Geschäftsprozesse können Sie zwar oberflächlich mit einer RPA-Lösung verdecken, das zugrunde liegende Problem wird dadurch aber nicht beseitigt. Durch RPA lassen sich nicht nur bestimmte Anwendungen, sondern Ihre gesamten Geschäftsprozesse schwerer anpassen.

Mit diesen Leitlinien für den RPA-Einsatz verbessern Sie die Effizienz, insbesondere bei hochgradig manuellen Geschäftsprozessen, in denen Menschen nur einen geringen Mehrwert schaffen. Wenn die Arbeit von sehr vielen Menschen ausgeführt wird, kann sich bereits ein geringer Automatisierungsanteil auszahlen. Die RPA sollte jedoch nur ein Teil Ihrer Strategie sein, nur ein Werkzeug in Ihrem Instrumentarium, und in Verbindung mit einem langfristigen Ansatz und einer ganzheitlichen Technologiestrategie im Unternehmen eingesetzt werden.

Fazit

RPA kann ein Bestandteil vieler Initiativen zur digitalen Transformation sein, da sie Kosteneinsparungen verspricht, ohne dass sofort alle zugrunde liegenden Architekturen und Systeme modernisiert werden müssen. Es ist sinnvoll, die eingesparten Kosten dann für eine echte Modernisierung einzusetzen.

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Da Modernisierungsmaßnahmen allerdings mehrere Jahre in Anspruch nehmen können, und ein Unternehmen es sich in der Regel nicht leisten kann, auf Effizienzsteigerungen zu warten, ist RPA eine geeignete Möglichkeit, kurzfristige Verbesserungen zu erzielen. Unternehmen müssen aber auch an die Konsequenzen denken: Durch RPA verbundene Systeme lassen sich nicht mehr so einfach modifizieren. Die Weiterentwicklung dieser Systeme bedeutet mehr Aufwand und birgt das Risiko, dass funktionierende RPA-basierte Integrationen unbrauchbar werden.

Wir meinen, dass Unternehmen sich im Rahmen einer ganzheitlichen Modernisierungsstrategie aktiv mit RPA auseinandersetzen müssen. Richtig durchdacht kann eine RPA kurzfristige Gewinne bringen, solange Unternehmen bei der Planung nicht die auf lange Sicht zu erwartenden Einschränkungen aus den Augen verlieren.

George Earle, Global Director ,ThoughtWorks,  www.thoughtworks.com
Mike Masen, Global Head of Technology, ThoughtWorks, www.thoughtworks.com

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