Thüringens oberster Datenschutzbeauftragter, Lutz Hasse, warnt vor einer unkontrollierten automatisierten Erstellung von Online-Profilen, etwa auf Grundlage von Daten Einzelner in sozialen Netzwerken wie Facebook. Er wünscht sich mehr Handhabe der Behörden. «Mir schwebt vor, dass es eine Meldepflicht gibt, wenn solche Profile gebildet werden», sagte Hasse im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Gebe es eine solche Pflicht, könne er mit seiner Behörde überprüfen, ob diese Profilbildungen überhaupt auf legalem Wege zustande kommen, sollte etwa ein Thüringer Unternehmen so etwas anbieten.
Das Grundproblem der Profilbildung beschreibt Hasse so: Anhand etwa von Facebook-Likes ließen sich über Algorithmen – quasi automatisierte Rechenschritte – Profile über einzelne Nutzer erstellen. In diesen Profilen fließen dann vermeintliche Erkenntnisse über die Nutzer zusammen. «Mit zehn Facebook-Likes kennt der Algorithmus jemanden besser als etwa die Arbeitskollegen der betroffenen Person, und bei 250 Facebook-Likes kennt der Algorithmus jemanden besser, als es ein Ehepartner tut», sagt Hasse.
Diese Profile, die Informationen etwa über Herkunft, sexuelle Orientierung und Charaktereigenschaften enthalten können, könnten vielfach genutzt werden – von Banken bei Kreditvergaben und Arbeitgebern etwa, aber auch von Parteien. Gerade Letzteres hatte im vergangenen US-Wahlkampf eine Rolle gespielt. So soll die Firma Cambridge Analytica, die später für das Wahlkampfteam von US-Präsident Donald Trump arbeitete, Facebook-Daten zu solchen Profilen verarbeitet haben.
«Die Profile können eben auch für individualisierte Wahlwerbung genutzt werden», sagte Hasse. Das könne seiner Ansicht nach dazu führen, dass der einzelne Wähler in seiner Entscheidung manipuliert werden könne. Ähnliche tief in das Datenschutzgrundrecht eingreifende Programme mit Bezug auf die anstehende Landtags- und Bundestagswahl sind Hasse bislang noch nicht bekannt. Aber er gehe davon aus, dass man sich auch hierzulande mit dem Potenzial solcher Datensätze einzelner Wähler beschäftige.
Auch die Datenethikkommission der Bundesregierung und der Bundesverband der Verbraucherzentralen haben in der Vergangenheit bereits auf die Problematik automatisierter Profilbildungen aufmerksam gemacht.
«Mit das Schlimmste an diesen Profilen aber ist, dass der Einzelne nichts über ihre Existenz weiß; man weiß nicht, wer sie erstellt, was darin steht – und ob der Inhalt überhaupt stimmt», kritisiert Hasse und fordert deshalb die Meldepflicht.
dpa