Die Digitalisierung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Besonders seit der Pandemie stagniert die Transformation, vor allem bei kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern. Diese haben Schwierigkeiten, mit größeren Firmen mitzuhalten, und bleiben oft hinter den Erwartungen zurück.
Trotz rückläufiger Nutzung digitaler Lösungen sehen über 80 Prozent der deutschen KMUs Digitalisierung als entscheidend für ihre Zukunftsfähigkeit. Die größten Hürden bleiben dabei, wie schon im Vorjahr, die Kosten (48 %), Zeitmangel (46 %) sowie Bedenken hinsichtlich Sicherheit und Datenschutz (43 %). Besonders im Sektor „Information und Kommunikation“ wird das Potenzial der Digitalisierung bei Weitem nicht ausgeschöpft. Als Gründerin von hireFAIR, einem innovativen Start-up, das IT-Fachkräfte aus Nigeria remote an deutsche Unternehmen vermittelt, erkennt Lily Akpuaka-Bosse die Dringlichkeit für bessere Digitalisierungsstrategien in Betrieben.
Projekt- vs. produktorientierte Strategien: Digitalisierung als fortlaufender Prozess
Um erfolgreich digital zu transformieren, müssen Unternehmen die richtige Strategie wählen – hierbei stehen zwei Ansätze im Vordergrund: die projekt- und die produktorientierte Herangehensweise. Traditionelle, projektbasierte Ansätze liefern eine einmalige Lösung innerhalb eines festen Zeitrahmens und Budget, verkennen jedoch, dass digitale Transformation ein fortlaufender Prozess ist. „Viele sehen Digitalisierung als ein Projekt mit Enddatum. Doch Lösungen müssen stetig weiterentwickelt werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, betont Akpuaka-Bosse. Im Gegensatz dazu setzt die produktorientierte Herangehensweise auf langfristige, interative Verbesserungen. „Für KMUs ist das entscheidend, da sie mit geringeren Budgets oft schnelle und flexible Anpassungen benötigen, die sich direkt an den Bedürfnissen des Unternehmens orientieren. Dies ist wichtig für sie, um am Markt wettbewerbtsfähig zu bleiben“, erklärt die Expertin.
Typische Fallstricke in der Digitalisierungsstrategie
Ein häufiger Grund für das Scheitern von Digitalisierungsprojekten ist der Mangel an Fachwissen und Führungskompetenz. „Digitalisierung ist kein technisches Problem, das man einmalig löst – es ist ein kontinuierlicher Wandel, der starke Führung erfordert“, so Akpuaka-Bosse. Viele KMUs wählen komplexe Lösungen, die nicht zu ihren Geschäftsanforderungen passen. „Oft fehlt das Verständnis dafür, was die Digitalisierung wirklich bringen soll. Diese Unklarheit führt dazu, dass viel Geld für Lösungen ausgegeben wird, die am Ende nicht den gewünschten Mehrwert liefern“, warnt sie. Technische Schulden und Legacy-Systeme sind weitere typische Schwierigkeiten: „Viele KMUs arbeiten mit veralteten IT-Systemen, die schwer skalierbar sind oder keine Schnittstellen zu modernen Technologien bieten. Häufig mangelt es an klaren Ziele oder einer langfristigen Roadmap, was zu fragmentierten IT-Systemen und Insel-Lösungen führt. Diese sind nicht nur schwer zu warten, sondern auch kostspielig und ineffizient“. Um dieses Risiko langfrisitg minimieren und gänzlich zu vermeiden, empfiehlt Akpuaka-Bosse, externe Fachleute einzubeziehen. Diese können Unternehmen dabei unterstützen, klare Ziele und maßgeschneiderte Strategien zu entwickeln, ohne eine Fehlinvestition zu riskieren. Die Expertin betont zudem die Notwendigkeit speziell geschulter Führungskräfte, um typische Fallstricke wie mangelndes Stakeholder-Engagement oder unzureichendes Change-Management zu vermeiden.
Proof-of-Concepts, KPIs und der Einsatz von Cloud-Lösungen: Darauf kommt es an
Bevor KMUs in eine vollständige technische Lösung investieren, sollten sie gemeinsam mit dem Digitalisierungsleiter KPIs definieren und einen Proof-of-Concept durchführen. Dieser Testlauf hilft, Feedback zur Benutzerfreundlichkeit und zum Mehrwert zu sammeln. Am kostengünstigsten bieten sich für KMUs Cloud-Technologien und vorgefertigte Digitalisierungstools an, um ihre IT-Infrastruktur zu modernisieren. „Cloud-Lösungen sind besonders für kleinere Betriebe attraktiv, weil sie flexibel skalierbar sind und so mit den Bedürfnissen des Unternehmens wachsen oder schrumpfen können“, erklärt Akpuaka-Bosse. Insbesondere agile Methoden, wie DevOps, Continuous Integration und Continuous Delivery (CI/CD) spielen hierbei eine wichtige Rolle, um eine schnelle und zuverlässige Softwareentwicklung zu gewährleisten. „DevOps-Prozesse ermöglichen eine enge Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Betrieb, wodurch Änderungen schneller und mit geringerem Risiko implementiert werden können“, erklärt die Expertin.
Diese Methoden seien besonders für kleinere Unternehmen von Vorteil, da sie die Markteinführungszeit verkürzen und eine bessere Reaktionsfähigkeit auf Marktanforderungen sicherstellen. Auch vorgefertigte Tools für unternehmsübergreifende Standardprozesse sind oft sinnvoller als komplette Neuentwicklungen, müssen jedoch genau auf Datenschutz und Integration geprüft werden. Auf diese Weise können KMUs schrittweise und risikominimiert in die Digitalisierung einsteigen, ohne langfristig unnötige Kosten oder Komplexitäten zu schaffen.