Erst ruckelt es, dann bricht die Verbindung ganz ab: Die zahlreichen Funklöcher waren in Deutschland lange Zeit ein großes Ärgernis.
Inzwischen sind 99 Prozent der Fläche mit LTE und immerhin 92 Prozent mit 5G abgedeckt. Störungsfreies Surfen ist damit weitgehend keine Glückssache mehr. Gerade der neueste Mobilfunkstandard steht für deutlich bessere Verfügbarkeiten und kürzere Latenzzeiten: zwei Punkte, die aus Sicht des Endverbrauchers nur ein nettes Gimmick sein mögen, für viele Wirtschaftszweige aber geradezu geschäftskritisch sind. Denn egal ob Fertigungsindustrie, Gesundheitswesen, Finanzbranche oder Energieversorger – alle müssen Teile ihrer Daten in Echtzeit verarbeiten und auswerten können, wenn die Arbeitsprozesse den heutigen Anforderungen gerecht werden sollen.
Wer hier die Fäden in der Hand behalten will, kommt um ein privates 5G-Netz auf dem eigenen Gelände nicht herum. Diese Campusnetze geben niemals Informationen über das öffentliche Netz weiter und sind dank ihrer Geschlossenheit besonders sicher. Zudem sind sie individuell konfigurierbar, so dass kunden- und anwendungsspezifische Anforderungen umgesetzt werden können.
Und hier hat Deutschland beziehungsweise der Gesetzgeber seine Hausaufgaben gemacht: Bereits 2019 hat die zuständige Bundesnetzagentur den Frequenzbereich von 3.700 bis 3.800 MHz freigegeben. Seit Anfang 2022 können zudem Frequenzen von 24.250 bis 27.500 MHz für den eigenen Standort beantragt werden – dieser Bereich ermöglicht industriespezifische FWA-Einsatzszenarien. Die Abkürzung steht für Fixed Wireless Access und in diesem Zusammenhang für eine drahtlose Verbindung als gleichwertige Alternative zu kabelgebundenen Anschlusstechnologien. Mit 5G sind hohe Bandbreiten und geringe Latenzzeiten realisierbar, gleichzeitig entfällt die aufwändige und teure Verlegung von Kabeln oder Glasfasern, was eine schnelle Anbindung beliebiger Standorte ermöglicht.
Das Verfahren zur Beantragung eines eigenen Frequenzspektrums ist jedenfalls schnell und unkompliziert. Das Nutzungsentgelt wird nach einer einheitlichen Formel berechnet und hängt von der gewünschten Bandbreite, der Größe und Art der zu versorgenden Fläche sowie der beantragten Laufzeit ab. Damit bleibt die Vergabe auch fair und transparent – im Gegensatz zu Ländern wie den USA, wo Lizenzen versteigert werden, oder Großbritannien, wo das Prinzip „first come, first served“ gilt. Immer mehr Unternehmen nutzen inzwischen die Chance und setzen ein privates 5G-Netz auf ihrem Firmengelände um: Insgesamt wurden bisher über 400 Anträge auf Zuteilung gestellt, fast alle wurden bereits bewilligt. Kritiker mögen einwenden, dass angesichts dieser Zahl noch viel Luft nach oben ist. Richtig, aber hier kommt die Künstliche Intelligenz ins Spiel.
Kritische KI-Anwendungen sind auf zuverlässige Verbindungen, hohe Bandbreiten und eine Datenverarbeitung in Echtzeit angewiesen. Letzteres ist besonders wichtig für Bereiche wie autonomes Fahren, Industrieautomatisierung oder Überwachungen aller Art. Nur eine ultraschnelle Datenübertragung ohne nennenswerte Latenzen ermöglicht es KI-Modellen, unmittelbar auf eingehende Daten zu reagieren, was in kritischen Situationen lebenswichtig sein kann. Oder anders formuliert: Erst mit 5G beziehungsweise Private 5G kann die Industrie den nächsten Gang auf der KI-Reise einlegen. Denn erst mit dem aktuellen Mobilfunkstandard sind die Systeme in der Lage, auch drahtlos schneller als der Mensch zu agieren.
Bei der Vergabe von Lizenzen für 5G-Campusnetze hat Deutschland eine Vorreiterrolle eingenommen. Jetzt geht es darum, aus Sicht der Industrie die besten Anwendungsfälle zu identifizieren und umzusetzen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hängt angesichts der fortschreitenden Digitalisierung längst von der Datenübertragung in Echtzeit ab.