Patrick Theobald erläutert seine Visionen zur Industrie 4.0, diskutiert aktuelle Herausforderungen und beleuchtet die Chancen, die die digitale Transformation für Unternehmen aller Größenordnungen bereithält.
Wie sind Sie zum Gründer geworden, Herr Theobald?
Patrick Theobald: Das war zu keinem Zeitpunkt eine bewusste Entscheidung. Nach einigen Jahren in einem Konzern wollte ich etwas Neues ausprobieren und habe mich selbstständig gemacht. Dass daraus so etwas wie eine echte Firma entstehen könnte, mit einem richtigen Produkt, war eher ein Unfall. Jetzt würde ich es aber unter keinen Umständen mehr hergeben wollen.
Was macht den Unternehmensstandort Stuttgart aus?
Patrick Theobald: Stuttgart ist in vielerlei Hinsicht eine tolle Stadt. Man findet hier vor allem auch die Perlen des Mittelstands. Hidden Champions, die mit ihren Produkten und Erfindungen die Welt zusammenhalten und vorantreiben. Eine tolle Kombination, die auch über die Stadtgrenzen hinausstrahlt.
Aus Sicht eines Start-ups ist Stuttgart ebenfalls ein idealer Nährboden. Die hiesigen Unis und andere Bildungseinrichtungen leisten einen wertvollen Beitrag für die Ausbildung des Technik-Nachwuchses – und zwar auf Weltklasse-Niveau.
Was fasziniert Sie am Thema “Digitalisierung in der Industrie”?
Patrick Theobald: Was mich immer wieder erstaunt, ist das riesige Potenzial, das man hier noch heben kann. Wir sind in einem Hochlohnland unterwegs, damit ist jedes Prozent an Mehr an Effizienz bares Geld wert. Es macht Riesenspaß, das mit unseren Kunden zusammen zu heben. Wenn wir dann das Feedback bekommen, dass sich bestimmte Initiativen oder Projekte am Ende tatsächlich in den KPIs widerspiegeln – zum Beispiel eine Maschine effizienter oder toleranter gegenüber Fehlern zu machen – das ist das Größte für mich und daraus ziehe ich auch viel Motivation.
Welche Probleme muss der Mittelstand aktuell überwinden?
Patrick Theobald: Fachkräftemangel ist ein entscheidendes Thema und nicht zu Unrecht in aller Munde. Kostendruck und harte Konkurrenz aus Asien, ständiger Kampf gegen Bürokratie. Die Liste der Probleme ist lang, aber nicht unüberwindbar. Mit den richtigen Tools und Methoden und einem offenen Mindset lässt sich das meiner Meinung nach gut überwinden. Wir in Deutschland haben allen Unkenrufen zum Trotz einfach eine gute Basis. Ich würde mir wünschen, dass wir baldmöglichst wieder zu einer Mentalität des Ärmel-Hochkrempelns zurückfinden und nicht so viel meckern.
Welche Probleme löst Ihre Software Peakboard?
Patrick Theobald: Unsere Vision lautet, dass wir mit Peakboard eine Plattform schaffen wollen, mit der man eine Fabrik so einfach bedienen kann wie ein iPhone. Konkret lassen sich damit alle möglichen Probleme der Digitalisierung lösen. Papierlose Prozesse, Zugang zu den richtigen Informationen aus allen möglichen Datenquellen, ein perfektes User Interface genau für die Leute, die in der Produktion die tatsächliche Arbeit machen. Die Anforderungen sind so vielfältig wie die Interpretation des Begriffs Digitalisierung. Das macht Peakboard aus.
Welche Hindernisse haben sich in der Entwicklung gestellt?
Patrick Theobald: Peakboard ist technisch ein sehr anspruchsvolles Produkt, da wir eine datentechnische Verbindung zu allen typischen Artefakten der IT und OT aufbauen, die man im Rahmen von Digitalisierungsprojekten so braucht. Von Low-Level-Sensoren und Mikrocontrollern, über MES-Systeme, Datenbanken bis hin zu ERP-Systemen wie SAP und natürlich die ganze Welt der Cloud bis hin zur künstlichen Intelligenz. Das erfordert viel Invest in die Entwicklung, weil wir für alle diese Welten entsprechende Experten brauchen und jeweils tief eintauchen müssen.
Was sind die nächsten großen Digitalisierungstrends in der Industrie?
Patrick Theobald: Wir sehen im Moment ja viel Fokus auf Low-Code/No-Code. Der Grund dafür ist, dass Firmen die Anwendungen, die sie damit bauen, nicht nur leicht verändern wollen, sondern auch für bestimmte Veränderungen nicht jedes Mal ein IT-Projekt vom Zaun brechen wollen. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt.
Wir werden Plattformen wie Peakboard sehen, bei denen eine ständige Veränderung des Status Quo schon mit eingebaut ist. Darüber hinaus wird das Thema KI seinen aktuellen Experimentalstatus verlassen und in der breiten Masse ankommen. Und zwar auf allen Ebenen. Wir sollten uns damit heute schon einmal mit der Frage beschäftigen, wie wir KI zu den Werkern in die Fabrik bekommen und wie es ihnen hilft, ihre Arbeit effizienter und sicherer zu machen.
Was raten Sie kleinen und mittelständischen Unternehmen, damit Sie die Herausforderungen der Digitalisierung erfolgreich meistern?
Patrick Theobald: Der ultimative Tipp in dem Zusammenhang ist, einfach mal anzufangen. Den Machern gehört die Welt. Digitalisierung ist nicht gottgegeben und fällt auch nicht vom Himmel. Man muss sich schon bewegen. Und wer nicht so genau weiß, wo er eigentlich anfangen soll, dem rate ich, klein anzufangen.
Ein guter Startpunkt wäre, die OEE-Grafik nicht mehr auszudrucken, sondern digital zu verteilen. Oder einfach mal einen offensichtlichen Produktivitätskiller zu identifizieren, den man verhindern kann, wenn irgendjemand eine Information früher oder proaktiv bekommen würde, die er sonst nicht bekommen hätte. Ich bin mir sicher, da findet sich in jeder Fertigung und in jeder Logistik etwas. Ist der Einstieg erstmal erledigt, läuft man von dort aus weiter. Der Appetit kommt beim Essen.
Herr Theobald, wir danken für dieses Gespräch.