Hybrides Projektmanagement (PM) verknüpft klassische und agile PM-Methoden. Vorteile für Unternehmen aus stark innovationsgetriebener Informations- und Telekommunikationstechnologie-Branche:
Flexiblerer Umgang mit fortlaufenden Änderungsanforderungen, stärkere Orientierung von Projektergebnissen an Marktbedürfnissen und Verkürzung von Umsetzungsdauer der Projekte gegenüber klassischem Vorgehen.
Der Informations- und Telekommunikationstechnologie-Markt (ITK) ist von einer hohen Volatilität und einem dynamischen Wettbewerbsumfeld geprägt. So sehen sich die Unternehmen der Branche mit einem horrenden Innovationsdruck konfrontiert. Um am Markt bestehen zu können, sind sie auf Neuentwicklungen in hoher Taktung angewiesen. Ein Umstand, der beträchtliche Anforderungen an das Projektmanagement (PM) stellt. Die Praxis im ITK-Bereich zeigt dabei immer deutlicher: Um zeitakute Projekte mit hohem Erfolgsdruck zu lösen, bedarf es pragmatischer Ansätze. Eine rigide Festlegung auf vorgegebene Standards im Projektmanagement fügt kritischen Projekten oft mehr Schaden zu und schneidet ihnen so erfahrungsgemäß die ohnehin schon dünne Luft unnötig ab. Hier bewährt sich viel mehr ein hybrider Ansatz, der klassische und agile Projektmanagementprinzipien gleichermaßen berücksichtigt.
Das hybride Projektmanagement verknüpft klassische Aufbau- und Ablauforganisationen mit den Rollen des agilen Projektmanagements, führt agile Arbeitsmethoden in Teilprojekten ein und ergänzt und erweitert die Kommunikation mit entsprechenden Schnittstellen und Berichtswegen. Die resultierende enge Vernetzung der agilen Arbeitsteams mit den angrenzenden klassischen Projektfunktionen (insbesondere im Marketing, der Kommunikation, im Partnering und im Vertrieb) führt zu einem eng abgestimmten und damit effektiven Entwicklungsprozess. So wird eine Einbettung des agilen Projektteams in die klassische Projektmanagementorganisation erreicht.
Hybrides PM, auch unter dem Begriff „Symbiotic PM“ bekannt, soll es ermöglichen, flexibler mit fortlaufenden Änderungsanforderungen umzugehen, die Projektergebnisse stärker an den Marktbedürfnissen zu orientieren und die Umsetzungsdauer des Projekts gegenüber der klassischen Vorgehensweise deutlich zu verkürzen. Gerade bei Produktneuentwicklungen im dynamischen Wettbewerbsumfeld der Informations- und Telekommunikationstechnologie-Branche, die eine kurze Time-to-Market erfordern und gleichzeitig bei Projektbeginn noch unscharf definiert sind, bieten hybride Projektmanagement-Ansätze so meistens die richtigen Antworten.
Agiles Vorgehen ist meistens nur in Teilbereichen des Unternehmens möglich
Bei der Neuentwicklung von Produkten, deren Eigenschaften und Leistungsmerkmale noch nicht klar definiert sind, erlauben agile Projektmanagement-Methoden wie SCRUM die Entwicklung Hand in Hand mit der Schärfung der Produktdefinition. Doch in den meisten Fällen ist ein agiles Vorgehen nur in Teilbereichen des Unternehmens möglich. Mangelndes Verständnis für unterschiedliche Managementmethoden und Silodenken führen daher häufig dazu, dass trotz agiler Methoden die gewünschten Effizienzsteigerungen nicht erreicht werden.
Gerade in stark reglementierten Unternehmensumfeldern, zum Beispiel durch branchenübliche Standards und Vorschriften oder rechtliche Rahmenbedingungen, gibt es zudem noch stets Notwendigkeiten für klassische PM-Prozesse und Dokumentationen. Projektmanager müssen daher bei der Implementierung hybrider Methoden sensibel mit den in den Unternehmen zuvor installierten PM-Abläufen umgehen.
Typischerweise werden agile Methoden zuerst in den Entwicklungsteams eingeführt. Kommunikation zum Management, Infrastruktur- und Lieferantenmanagement sowie das Finanzmanagement können so weiterhin „klassisch“ erfolgen. Und während so beispielsweise die Linienfunktionen Marketing und Business Development nach klassischen Methoden an der Entwicklung von Business Cases, Roadmaps und Marktanalysen weiterarbeiten, erfolgt die Software-Entwicklung neuer Produktkategorien in Zusammenarbeit mit dem Produktmanagement in einem komplett agilen Ansatz. Die Teams werden dazu von einem agilen Coach mit dem aktuellen Stand agiler Arbeitsmethodik vertraut gemacht, entsprechende Verantwortlichkeiten (Product Owner, Scrum Master, Entwickler) werden zugewiesen und die agile Arbeitsweise an die Gegebenheiten des Teams / der Unternehmung angepasst.
Die Einbettung des agil gemanagten Teilprojekts in die klassische Linienorganisation wird von den Projektmanagern dabei durch das Aufsetzen neuer Meeting-Routinen und Berichtswege erreicht. An den Sprint Reviews der agilen Projektmanagementorganisation nehmen so zusätzlich auch die Stakeholder und Teilprojektleiter des Projekts teil. Im Gegenzug nehmen Product Owner und Scrum Master am Jour Fixe der klassischen Projektmanagementorganisation teil. So wird sichergestellt, dass Informationen zielgerichtet und zeitnah ausgetauscht werden und fällige Entscheidungen frühzeitig zwischen den Bedarfsträgern und den technischen Umsetzern abgestimmt werden können. Fortschritte in der technischen Umsetzung können so direkt in Marketing- und Sales-Aktivitäten einfließen. Ebenso lassen sich zeitgleich zu den Sprints die Priorisierungen und Änderungen der technischen Module direkt mit den Markterfordernissen abstimmen.
Hybrides PM begleitet die Integration des agilen Führungsprinzips in die klassisch geprägte Organisation und verankert das neue Rollenverständnis in den Unternehmen. Der Fokus auf Delegation, den die Installation hybrider Methoden bedingt, erfordert einen Wandel im Verständnis von Verantwortungsbereichen und Entscheidungsprozessen. Durch die Verstetigung von Kommunikations- und Austauschprozessen schafft hybrides PM mehr Transparenz und erhöht dadurch das gegenseitige Vertrauen – auch außerhalb der agilen Teams: In Kombination mit geeigneten klassischen Maßnahmen des Controllings und Risikomanagements wird die Akzeptanz bei Stakeholdern und angrenzenden Linienfunktionen erleichtert. Nur so werden die für agile Projekte maßgeblichen Freiräume für die Selbstorganisation und Entscheidungskompetenz der operativen Teams geschaffen.
Die regelmäßige Kommunikation ermöglicht es zudem, dass die für den Produktentwicklungsprozess bislang geltenden QA-Bestimmungen in eine der agilen Produktentwicklung angepassten Handhabung überführt werden können. Hier stehen nach jedem Sprint die entwickelten Teilfunktionen zur Verfügung, die dann auch durch die QA abgenommen wurden.
Fazit
Unternehmen der ITK-Branche profitieren nachhaltig von hybriden Projektmanagement-Methoden. Durch die damit erzielte enge Verzahnung zwischen den klassisch und den agil gemanagten Teilprojekten wird gegenüber dem bisherigen Entwicklungsprozess ein enormer Zeitgewinn in der Entwicklung neuer Produktkategorie erzielt. Über die kontinuierliche Kommunikation können die für eine Markeinführung notwendigen Produktmodule iterativ so abgestimmt und priorisiert werden, dass sie pünktlich zum geplanten Termin in guter Qualität und bestmöglicher Passung auf die aktuellen Marktanforderungen bereitgestellt werden können.
Hauke Thun ist Gründer und Inhaber von PM Firefighters.