Das Interesse der Händler an mobilen Services wächst stetig. Tablets werden künftig nicht nur verstärkt für die Kundenberatung am POS, sondern auch für das mobile Kassieren eingesetzt. Auf der EuroCIS 2016 präsentieren die Fachaussteller dazu ihre Lösungen.
In den filialisierten Unternehmen des Handels wird intensiv über einen die stationären Terminals ergänzenden Einsatz mobiler Kassen nachgedacht. Laut verschiedener Marktstudien, zum Beispiel „The Mobile POS Effekt“ des amerikanischen Marktforschers RIS Retail Info Systems, werden solche mobilen Services von bis zu 65 Prozent der großen Handelsunternehmen derzeit intern diskutiert, geplant oder sogar schon umgesetzt. Dieses Interesse registrieren auch die IT-Dienstleister. „Wir erkennen durchaus Bedarf für ein mobiles Kassieren – zumal künftig auch alternative Zahlungsmethoden wie Apple Pay oder Google Pay Einzug halten und die traditionelle Barzahlung ersetzen werden“, sagt zum Beispiel Antonio Carfora, Project Manager beim Schweizer IT-Dienstleister Bison AG.
Tablets für kompetente Kundenberatung
Bislang werden Mobile Devices im Einzelhandel vorwiegend für Aufgaben des Store Managements, etwa für Inventurarbeiten, für die Bestandspflege oder für Bestellabwicklungen genutzt. Immer mehr Händler setzen die Geräte aber auch als verkaufsunterstützendes Instrument ein, etwa zum Abruf von Kundendaten oder Produktspezifikationen während der Kundenberatung, außerdem für Bestandabfragen oder zur Webshop-Bestellung am POS. Tablets sind „Points of Service unplugged – sie ermöglichen Mitarbeitern, ihre Kunden schneller und kompetenter zu bedienen“, sagt Ralf Schienke, Vertriebschef Deutschland von Fujitsu Technology Solutions.
Der Schritt von der mobilen Kundenberatung bis zum mobilen Kassieren ist dann nicht mehr weit. In der Praxis haben hier kleine, nicht filialisierte Handelsbetriebe, außerdem Dienstleister wie Friseur- und Kosmetikstudios momentan die Nase vorn. Solchen Betrieben reichen meist stark abgespeckte Kassen-Anwendungen, wie sie zum Beispiel die Firma Inventorum auf ihre Tablets aufspielt. Inventorum vermietet sein Lösungspaket aus Tablet, Kassensoftware und warenwirtschaftlichen Grundfunktionen für kleines Geld und zählt nach eigenen Angaben schon über 400 kleinbetriebliche Tabletkassen-Anwender zu ihren Kunden. Diese sparen sich damit meist die Ausgaben für eine reguläre stationäre Kasse. Andere Dienstleister wie PosBill oder Megara bieten ähnliche Lösungen.
Filialisierte, insbesondere auch international agierende Handelsbetriebe jedoch haben andere Ansprüche. Ihre mobilen Anwendungen sollten möglichst den gesamten Funktionsumfang spiegeln, den sie auch an den stationären Checkouts installiert haben – bis hin zur Einbindung von CRM-Systemen. Somit geht es für die Filialisten darum, mobile Anwendungen nahtlos in ihre bestehende Systemlandschaft zu integrieren. Höchstens als Einstieg oder in speziellen Anwendungsfällen laufen mobile Prozesse getrennt vom üblichen Betrieb. Das Tablet verfügt dann über eine eigene Kassensoftware, einen integrierten Barcode-Scanner sowie über eine angedockte Karten-Leseeinheit mit elektronischer Unterschrift per Stift. Damit lassen sich bargeldlose Zahlungen direkt am Regal abwickeln. Der nachgelagerte Checkout-Prozess beschränkt sich, sofern keine Deaktivierung von Sicherheitsetiketten notwendig ist, auf die Warenverpackung und den Druck des Kundenbelegs. Es sei denn, das Mobilgerät verfügt über einen integrierten Drucker bzw. kann per Mail einen elektronischen Bon an den Kunden versenden.
Mobile Anwendungen für Filialisten
Dauerhaft sinnvoll allerdings ist für große Handelsbetriebe meist eine voll integrierte Lösung. Dann wird zum Beispiel der Touch-Bildschirm einer stationären Kasse durch eine mobile Einheit ersetzt, die in einer Docking-Halterung auch stationär betrieben werden kann. „Die Business-Logik und die Datenhaltung des stationären POS-Client werden damit über das mobile Gerät quasi fernbedient“, erklärt Dr. Bernd Büker, Head of Global Sales & Marketing bei Wincor Nixdorf. Der Anwender kann somit auf sämtliche stationär installierten Anwendungen zugreifen, also auch die Bezahlfunktionen aufrufen. Damit können Checkout-Prozesse entzerrt, weil mobil eingeleitet und stationär beendet werden. Der Charme dieser Lösung liegt in den überschaubaren Investitionskosten. Eine bestehende Kasse kann per Software-Update und durch den Austausch des Kassenbildschirms gegen einen Tablet-PC recht einfach umgerüstet werden.
Technisch aufwändiger ist die Integration zusätzlicher Mobile Devices in mehreren Filialen und mit umfassenden, aus der stationären Anwendung gewohnten Kassenfunktionen. Hier wird üblicherweise ein Applikationsserver eingesetzt, der die notwendigen Funktionen lokal, virtualisiert auf einem zentralen System oder Cloud-basiert bereitstellt. Außerdem ist dann je Filiale ein sogenannter POS Device Hub notwendig. Der Hub beinhaltet ein Mini-Betriebssystem mit den spezifischen Peripherietreibern. Die Kassenperipherie kann damit in identischer Weise und Funktionalität wie an einer traditionellen Kasse betrieben werden. Die Geräte werden über die üblichen stromgeführten Schnittstellen angeschlossen, so dass externe Netzteile und zusätzliche Verkabelung vermieden werden.
Datensicherheit und Langlebigkeit
Auf der EuroCIS 2016 präsentieren die IT-Dienstleister diese gesamte Lösungspalette – vom Einstieg bis zum voll integrierten System. Als Hardware sind dabei meist nicht handelsübliche Tablets, sondern robustere, für den Dauereinsatz am POS geeignete Industrie-Versionen vorgesehen. Zum Beispiel stellt Fujitsu mit dem „Stylistic V535R“ ein spezielles, 8,3 Zoll großes Retail-Tablet vor. Es erlaubt mobile Zahlungen und, in Verbindung mit Omnichannel-Anwendungen wie Fujitsu Market Place, weitere mobile POS-Services. Toshiba zeigt mit „TCxFlight“ ein 11,6 Zoll-Touchtablet, das in Verbindung mit der optionalen Basiseinheit sowohl als stationäre wie als mobile Kasseneinheit nutzbar ist. Wincor Nixdorf hat mit „BEETLE/moPOS“ eine umfassende Hardware- und Software-Lösung entwickelt, die modular aufgebaut ist und daher auf verschiedene mobile Anwendungsszenarien zugeschnitten werden kann. Dazu gehören 8,3 Zoll bzw. 10,1 Zoll große Industrie-Tablets sowie ein POS Device Hub für die Einbindung der Peripheriegeräte. NCR präsentiert mit dem „Sales Advisor“ ein Cloud-basiertes Software-Modul. Wobei NCR auf eine eigene Hardware-Lösung verzichtet. „Gerade Windows-Tablets sind heute sehr günstig zu erwerben und bieten eine breite Auswahl an Konfigurationen“, erklärt Stefan Clemens, Area Sales Leader bei NCR. Der Schweizer Anbieter Bison AG dagegen hat eine spezielle Kassenlösung für das iPad im Portfolio.
Auf breite Anwendungen im Einzelhandel kann momentan noch keiner der Anbieter verweisen. Allerdings laufen einige Pilotprojekte. Experten erwarten jedoch für die kommenden Jahre, dass mobile Beratungs- und Kassenlösungen insbesondere im Specialty Retailing, etwa in den Bereichen Fashion, Sports und Electronics zum Einsatz kommen. „Wir adressieren alle Händler, die sich durch individuelle und passgenaue Kundenservices abheben möchten“, sagt NCR-Manager Stefan Clemens.
Die EuroCIS in den Hallen 9 und 10 des Düsseldorfer Messegeländes ist für Fachbesucher von Dienstag, 23. Februar, bis Donnerstag, 25. Februar 2016, täglich von 10.00 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Die Tageskarte kostet 25,- Euro (17 Euro im Online-Vorverkauf), das Zwei-Tages-Ticket 40,- Euro (30 Euro im OVV). Studenten und Auszubildende zahlen 10,- Euro. Alle Eintrittskarten beinhalten die kostenlose Hin- und Rückfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln des Personennahverkehrs (VRR).